Frau betrachtet sich lachend im Spiegel

Gutes Personal Branding beginnt bei der Kommunikation mit dir selbst

von Nicole Wehn

Nach einer internationalen Karriere in Führungspositionen – unter anderem in der Formel 1 – wagte Branding-Expertin Nicole Wehn 2018 den Schritt in die Selbstständigkeit. Heute begleitet sie Frauen auf ihrem Weg zu mehr Sichtbarkeit und finanzieller Unabhängigkeit.

Liebe Nicole, was muss man bei der Kommunikation rund ums eigene Personal Branding beachten?

Vor allem, dass wir erst einmal gut mit uns selbst kommunizieren. Viele Menschen bemühen sich nach außen hin, professionell, souverän und kompetent zu wirken – aber im Inneren reden sie abwertend mit sich selbst. Sie zweifeln an sich, kritisieren sich übermäßig oder lassen sich von Perfektionismus unter Druck setzen. Und das bleibt nicht unsichtbar. Unser innerer Dialog spiegelt sich in unserer Ausstrahlung und Kommunikation nach außen wider.

Deshalb beginnt für mich alles mit der Kommunikation mit uns selbst. Denn eine authentische Personenmarke nach außen zu tragen bedeutet, die eigene wahre Persönlichkeit sichtbar zu machen. Und wie erkennst du, wer du wirklich bist? Der beste Indikator ist die Art und Weise, wie du mit dir sprichst. Welche Worte wählst du, wenn du über dich nachdenkst? Wie gehst du mit dir um, wenn etwas nicht so läuft, wie du es dir vorgestellt hast? Sagst du Sachen wie: »Ich bin eine kreative Null« oder »Ich kriege das sowieso nicht hin«? Dann erschaffst du genau diese Realität.

Ich habe das selbst erlebt. Früher, als ich noch in großen Konzernen und in der Formel 1 gearbeitet habe, hatte ich immer einen Chef, der mir sagte, was zu tun ist. Doch als ich mich selbstständig machte, war plötzlich niemand mehr da, der mich antrieb – außer ich selbst. Also wurde ich zu meiner härtesten Kritikerin. Keine gute Idee. Es ist so wichtig, sich bewusst zu machen, dass unser innerer Dialog unsere äußere Wirkung formt. Wer sich innerlich kleinmacht, wird es schwer haben, nach außen überzeugend aufzutreten. Personal Branding fängt also nicht mit Social Media oder einer professionellen Außendarstellung an – es beginnt in deinem Kopf.

Die Art, wie wir mit uns selbst sprechen, formt unsere Realität. Und genau hier kann die Veränderung beginnen: Wenn wir lernen, liebevoller mit uns selbst umzugehen, verändert sich nicht nur unser Selbstbild – sondern auch unser Personal Branding und unsere Wirkung nach außen. Wer sich innerlich aufbaut, strahlt das auch aus.

Was konkret können wir denn tun, damit wir besser mit uns selbst sprechen?

Der erste Schritt ist, uns überhaupt bewusst zu machen, wie wir mit uns selbst sprechen. Viele Menschen haben sich über Jahre oder sogar Jahrzehnte daran gewöhnt, sich selbst herunterzumachen – und bemerken es gar nicht mehr. Der einfachste Weg, das zu ändern, ist, sich selbst so zu behandeln, wie du es mit einer guten Freundin oder einem guten Freund tun würdest. Wenn eine Freundin dir erzählt, dass sie einen Fehler gemacht hat, würdest du ihr dann sagen: »Du bist so unfähig« oder »Das schaffst du nie«? Wahrscheinlich nicht. Du würdest sie aufbauen, ihr Mut machen, ihr vielleicht sogar sagen, dass Fehler normal sind und dazugehören. Warum sagst du das nicht auch dir selbst?

Es gibt eine einfache Übung, die sofort hilft: Statt dich für Fehler zu kritisieren, betrachte sie als Lernmomente. Ein Beispiel: Stell dir vor, du kochst und das Essen verbrennt, weil das Telefon klingelt. Der erste Impuls vieler Menschen wäre, sich selbst zu schimpfen: »Wie blöd von mir, das hätte ich wissen müssen!« Doch was passiert, wenn du stattdessen sagst: »Okay, das ist jetzt passiert. Nächstes Mal schalte ich einfach den Herd runter, bevor ich ans Telefon gehe«? Plötzlich ist es kein persönliches Versagen mehr, sondern eine Erfahrung, aus der du lernst.

Unsere Gedanken werden zu einer Gewohnheit. Und das funktioniert genauso wie beim Autofahren: Irgendwann läuft alles automatisch ab. So passiert das auch mit unseren Selbstgesprächen. Wenn wir regelmäßig üben, liebevoller mit uns selbst zu sprechen, wird das mit der Zeit zu unserer neuen Normalität.

Noch ein Trick, den ich selbst nutze: Stell dich morgens vor den Spiegel und sage laut etwas Positives über dich. Es kann sein: »Ich liebe mich.« Oder: »Ich bin gut, so wie ich bin.« Das mag sich am Anfang ungewohnt anfühlen, aber es verändert das Denken nachhaltig.

Du entwickelst bewusst neue Routinen, um alte, negative Muster zu durchbrechen. Und mit der Zeit wird sich dein inneres Selbstgespräch verändern – und damit auch, wie du dich selbst siehst und nach außen wirkst.

Wie verändert es denn die Wahrnehmung anderer, wenn man schlecht mit sich selbst spricht?

Wenn du schlecht mit dir selbst sprichst, bleibt das nicht in deinem Kopf – es hat direkte Auswirkungen darauf, wie andere dich wahrnehmen. Zunächst einmal gibt es eine unausgesprochene Diskrepanz: Wenn du nach außen hin selbstbewusst wirken möchtest, aber innerlich an dir zweifelst, spüren Menschen das. Dein Unterbewusstsein »verrät« dich, weil deine Körpersprache, dein Tonfall oder deine Wortwahl subtil etwas anderes kommunizieren als deine eigentliche Absicht. Es fühlt sich für dein Gegenüber nicht stimmig an.

Ein klassisches Beispiel: Stell dir vor, du bist Expertin auf deinem Gebiet, aber innerlich sagst du dir ständig: »Andere wissen das doch viel besser als ich.« Wenn du dann auf einer Veranstaltung gefragt wirst, was du machst, wirst du vermutlich etwas sagen wie: »Ach, ich mache so ein bisschen was in dem Bereich …« oder »Ich versuche, anderen bei XY zu helfen …«. Deine Sprache wird vorsichtiger, deine Stimme unsicherer – und das spüren die Menschen.

Was dann passiert, ist fast paradox: Weil du selbst nicht ganz überzeugt von dir bist, sind es die anderen auch nicht. Und wenn sie nicht überzeugt sind, bekommst du weniger positive Rückmeldungen – was wiederum deine eigenen Zweifel verstärkt. Ein Teufelskreis.

An dieser Stelle möchte ich auch das Wort »nett« ins Spiel bringen. Viele Menschen, besonders Frauen, versuchen, sich möglichst freundlich, harmlos und nicht zu dominant darzustellen. Sie sagen dann Dinge wie: »Ach, ich bin ja ganz okay in dem, was ich tue« oder »Ja, das mache ich schon ganz gut.« Aber genau das ist das Problem: Wer sich selbst als nett, aber unauffällig präsentiert, bleibt genau das – unauffällig.

Das bedeutet aber nicht, dass du dir künstlich Selbstbewusstsein antrainieren sollst. Wenn du versuchst, nach außen hin stark aufzutreten, während du innerlich denkst: »Hoffentlich merkt keiner, dass ich nicht gut genug bin«, dann setzt du eine Maske auf. Und diese Maske hält nicht lange. Denn am Ende ist alles, was du über dich selbst sagst und denkst, eine Geschichte, die du dir erzählst. Wenn du dir jeden Tag die Geschichte erzählst, dass du eigentlich gar nicht so besonders bist, dann wirst du genau das ausstrahlen. Wenn du dir dagegen die Geschichte erzählst, dass du in deinem Bereich wertvoll bist, dass du Gutes bewirken kannst, dass deine Arbeit einen Unterschied macht – dann wird genau das nach außen sichtbar.

Authentische Personal Brands entstehen nicht durch Perfektion oder Fassade – sie entstehen durch echte Überzeugung. Und diese Überzeugung beginnt mit der Geschichte, die du dir selbst erzählst.

Das mentale ist das eine, welche Rolle spielt der Körper in der Kommunikation und im Personal Branding?

Der Körper ist ein zentraler Bestandteil unserer Kommunikation – oft sogar ein größerer als unsere Worte. Jede Emotion, jeder Gedanke, den wir haben, drückt sich in unserem Körper aus. Das passiert völlig automatisch. Wenn du nervös bist, atmest du flacher, deine Schultern ziehen sich hoch, deine Stimme klingt angespannter. Wenn du dich selbstbewusst fühlst, richtest du dich auf, sprichst klarer und bewegst dich ruhiger.

Dein Körper ist also ein Spiegel deines Inneren.

Deshalb ist es so wichtig, nicht nur auf die Worte zu achten, die wir sagen, sondern auch darauf, wie wir sie verkörpern. Wenn jemand sagt: »Ich bin Expertin auf meinem Gebiet«, aber dabei an den Fingern nestelt, den Blick abwendet oder mit geduckter Haltung dasteht, dann sendet der Körper ein anderes Signal als die Worte. Und unser Gegenüber nimmt das unbewusst wahr. Umgekehrt können wir auch über den Körper unser Inneres beeinflussen. Es gibt eine spannende Wechselwirkung:

  • Wenn du dich aufrichtest, deine Schultern entspannst und ruhig atmest, fühlst du dich automatisch sicherer.
  • Wenn du bewusst deine Körpersprache veränderst, kann das auch deine innere Haltung stärken.

Personal Branding ist nicht nur das, was du sagst – sondern auch, wie du es sagst und wie du es mit deinem Körper ausdrückst. In meinen Coachings lasse ich Menschen oft vor dem Spiegel üben, sich selbst vorzustellen. Allein diese Übung zeigt, wie stark die Körperhaltung beeinflusst, ob sich jemand sicher oder unsicher fühlt.

Der Körper lügt nicht. Deshalb ist es so wichtig, mit sich selbst im Reinen zu sein – denn dein Körper verrät deine wahren Gedanken und Gefühle, ob du willst oder nicht.

Buchtipp:
Der Kommunikationshappen
Jana Assauer und Mona Schnell (Hrsg.) im Interview mit Nicole Wehn u.a.
ISBN 978-3-98640-030-9