Strohfeuer oder Potenzialträger? Wie Clubhouse das Social Media Universe aufmischt und welche Chancen das Netzwerk für Experten bietet
Alle wollen sie, doch nur wenige haben sie: eine Einladung in das Social Media Netzwerk Clubhouse. Denn ohne Invite kein Zutritt – fast wie in angesagten Szene-Clubs. Dieser App-interne „Türsteher“ ist das Paradebeispiel einer cleveren Marketing-Strategie der künstlichen Verknappung. Und die zielt gekonnt auf unser aller mehr oder minder ausgeprägte FOMO, also die fear of missing out. Doch hinter dem Hype verbirgt sich ein vielversprechendes Konzept: Die Audio-only-Anwendung könnte sich im Marketingmix von Experten aus den unterschiedlichsten Fachbereichen als äußerst nützlich erweisen. Wir haben die App daher einmal genauer unter die Lupe genommen:
Audio-only: das Live-Podcast-Format Clubhouse
Clubhouse ist eine rein audiobasierte Anwendung. In sogenannten Räumen können sich Moderatoren, Sprecher und Hörer zusammenfinden und über verschiedene, eigens gewählte Themen sprechen. Vielfach wurde bereits in diesem Zusammenhang der Begriff des „Live-Podcasts“ verwendet. Jeder Hörer kann einem öffentlichen Raum beitreten und auch jederzeit zwischen aktuell verfügbaren Räumen wechseln. Der Hörer kann das laufende Gespräch live verfolgen und vom Wissen der Sprecher und Moderatoren profitieren – ganz ähnlich wie bei einem regulären Podcast. Das Plus bei Clubhouse: Wer in der Anwendung „seine Hand hebt“ kann Fragen an die Sprecher und Experten der Gesprächsrunde stellen, die sofort live beantwortet werden oder selbst etwas zum Thema beitragen. Fazit: Unter der Prämisse, dass sich alle User ordentlich verhalten – Stichwort #Hatespeech – ein vielversprechendes Mittel, um eine offene Diskussionskultur zu pflegen.
Für wen ist die Nutzung von Clubhouse im professional Field sinnvoll?
Besonders spannend könnte die App für alle Experten sein, die gerne mit ihrer Stimme arbeiten und soziale Netzwerke für den Ausbau der Bekanntheit ihrer Person und Positionierung als Experte eines Fachbereichs nutzen wollen. Dazu zählen z.B. Coaches, Speaker, Künstler, Berater, Agenturen, Podcaster, Autoren uvm. Allerdings lohnt sich ein Blick in die aktuellen Terms of use der App. denn aktuell gilt: personal use only (mehr dazu später).
Vorteile und Nachteile der Anwendung in der Übersicht:
+ Nähe zur Zielgruppe im Live-Podcast nutzen: Stärkere Vernetzung zwischen Experte und Hörer, da ein unmittelbarer Austausch möglich wird, im Gegensatz zum einseitigen Konsumieren. Direktes Feedback und Fragen zum Thema können helfen, die eigene Zielgruppe noch besser zu verstehen und die Personal Brand zu schärfen.
+ Bekanntheit und Expertenstatus ausbauen: Ähnlich wie im klassischen Podcastformat können Experten auch hier qualitativ überzeugen und den eigenen Expertenstatus vor allem in den kommenden Monaten als „early adopter“ mit (noch) wenig Wettbewerb ausbauen.
+ Kein Wettrennen um Metriken: Das Fehlen von z.B. Kommentaren oder Likes löst Gesprächsrunden im Vergleich zu anderen bekannten Anwendungen von Bewertungen und Metriken, was eine offenere Kommunikation unter den Teilnehmern ermöglicht.
+ Keine Kamera: Wer als Experte (Creator) bisher nur ungern Formate wie z.B. Instagram-Live oder andere Videoformate für seine Botschaft nutzt, kann in Clubhouse eine interessante Alternative für den Wissensaustausch finden, ohne vor Kamera, Ringlicht und Backdrop treten zu müssen.
+ Privat bleiben: In geschlossenen bzw. nicht öffentlich zugänglichen Räumen können sich User in privatem Rahmen austauschen.
+ Einladungs-Mechanismus schützt vor Fakes: Da jede geladene Person durch eine andere Person verifiziert wird, hat Clubhouse das Potenzial, die Fake-Bot-Maschinerie weitgehend im Keim zu ersticken. Wer ist auf Social Media nicht schon selbst über Fake-Accounts gestolpert und hat sich geärgert? Bei Clubhouse scheint das auf den ersten Blick nicht möglich.
+ Open Source Wissen für alle: Langfristig könnte das Experten-Panel aus den kleinen Kreisen in die breite Öffentlichkeit wandern und macht so den Zugang zu Expertenwissen für die Öffentlichkeit noch einfacher.
+ Aufbau bestehender Social Media Profile on the go: Durch die Verlinkung bereits genutzter Social Channels wie z.B. Instagram, Twitter und Co. kann die Aktualität und der Hype rund um die neue Anwendung User und Traffic auf gepflegte Bestandskanäle spülen. Damit schlagen wir gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe.
– Iphone (iOS) only: Frei nach dem Motto „Hast du kein iphone, hast du kein iphone“ ist die Userlandschaft aktuell stark dezimiert.
– Datenschutz: Hier gibt es leider einige Kritikpunkte, die so manchem User, der auf den Schutz persönlicher Daten achtet, nicht gefallen könnten. Um etwa eine Einladung zu verschicken, muss das Adressbuch des Smartphones freigegeben werden. In diesem Zuge werden Namen und Telefonnummern auf Server in den USA hochgeladen, die – ich wollt es wenigstens kurz erwähnt haben – datenschutzrechtlich als unsicheres Drittland gelten. Audio-Mitschnitte werden außerdem temporär zu Auswertungszwecken gespeichert (mehr dazu in den Nutzungsbedingungen von Clubhouse). Eine Einbindung eines Datenschutzhinweises in die Datenschutzerklärung des eigenen Unternehmens ist bei beruflicher Verwendung Pflicht.
– Terms of Service: Laut AGB darf Clubhouse aktuell ausschließlich privat und nicht für geschäftliche Zwecke genutzt werden, was die Aufnahme in den Marketingmix aktuell schwieriger gestaltet, als zunächst erwartet. Jedoch ist laut Dr. Thomas Schwenke weniger damit zu rechnen, dass eine geschäftliche Nutzung untersagt wird, wenn sie persönlicher Art ist, d.h. werden Gespräche unter Professionals geführt oder Diskussionsrunden angeboten. Vorsicht ist aktuell allerdings dort geboten, wo über Clubhouse entgeltliche Vorträge, Seminare oder Services für Kunden angeboten werden. Doch noch steht offen, ob sich Clubhouse (vergleichbar mit zoom) in naher Zukunft den geltenden Anforderungen anpassen kann.
Der Hinweis auf personal use spricht dafür, dass eine geschäftliche Nutzung des Dienstes, um sich mit ihm vertraut zu machen oder dem persönlichen Austausch (auch im geschäftlichen Kontext) dienen, erlaubt ist oder zumindest geduldet wird. – Dr. Thomas Schwenke
Lohnt es sich, die Einladung anzunehmen?
Clubhouse ist nicht die erste Audio-only-Anwendung, die versucht, einen Fuß auf den Boden neben den großen Platzhirschen zu bekommen. Aus Sicht des Users ist die Frage „lohnt sich das?“ durchaus berechtigt. Schließlich muss auch dieses Netzwerk, neben all den anderen, bereits aktiv mit Content versorgten sozialen Netzwerken, gepflegt werden. Wer sich jetzt als „First Mover“ behaupten kann, hat gute Karten – auch durch die Anbindung an bestehende und „alteingesessene“ Social Channels wie Instagram, Facebook und Twitter. Ob sich der Hype langfristig lohnt, wird sich erst zeigen, wenn Clubhouse es schafft, die User nach Erstregistrierung in der App zu halten. Da auch die großen Netzwerke ihren Wettbewerb im Auge halten. Man erinnere sich an die Integration von Reels auf Instagram am Vorbild TikTok, kann es durchaus sein, dass bestimmte Funktionsfragmente bald auch bei den bekannten Riesen zu finden sein werden. Es bleibt auf jeden Fall spannend!
Unser Fazit: Lasst uns die Chance ergreifen, Spass zu haben, in einem erfrischenden, „neuen“ Rahmen zu netzwerken und unser Wissen zu teilen. Könnte ja schließlich auch gut werden J.
P.S. Auch die Montagshappen sind bei Clubhouse zu finden! Sie finden uns unter „Mona Schnell“ @monafast, „Jana Assauer“ @jana_von_fana und „Tina Schindler“ @frolleingurke.