die perfekte politische Botschaft

Die perfekte politische Botschaft

von Thilo Baum

In einer pluralistischen Gesellschaft treten Meinungen gegeneinander an. Um eine politische Idee durchzusetzen ist es nötig, Mehrheiten zu bilden. Es geht also um Reichweite. Deshalb sollten politische Botschaften unbedingt klar sein. Oft ist das nicht der Fall. Nehmen wir die Schauspieler-Kampagne #allesdichtmachen: Die Hauptbotschaft blieb unklar, der Stil war und ist enorm interpretationsfähig. Was lernen Absender politischer Botschaften aus #allesdichtmachen? Fünf Dinge.

1. Vom Großen ins Kleine denken.

Eine politische Botschaft funktioniert selten, wenn wir einfach drauflos kommunizieren. Ohne Plan wirken Inhalte unkonkret und diffus – wie bei #allesdichtmachen. Bevor wir die passenden Wörter suchen, sollte also der Inhalt klar sein. Sinnvoll ist hier das Prinzip „vom Großen ins Kleine denken“. Das heißt konkret: Zuerst brauchen wir ein „big picture“, das in einem oder maximal zwei Sätzen erklärt, was wir sagen wollen. Dann suchen wir die Form, in denen wir unsere Botschaft vermitteln wollen – zum Beispiel eine Videokampagne. Und erst dann formulieren wir die nötigen Texte. Die kleinen Elemente einer Kampagne sind dem großen Ganzen immer untergeordnet. Das muss so sein, weil die Kampagne sonst im Ganzen inkonsistent wirkt. Und das widerstrebt unserer Absicht, dass Menschen unserer Argumentation folgen und sich überzeugen lassen.

2. Vorsicht vor Ironie.

Politische Botschaften sollten wenig bis keine Ironie enthalten. Eine einzelne ironische Spitze mag funktionieren, aber einen gesamten Text oder gar eine gesamte Kampagne komplett mit Ironie zu durchziehen, bewirkt vor allem Verwirrung. In seinem #allesdichtmachen-Video dankt Schauspieler Jan Josef Liefers „allen Medien unseres Landes“ dafür, dass sie dafür „sorgen, dass kein unnötiger kritischer Disput uns ablenken kann von der Zustimmung zu den sinnvollen und immer angemessenen Maßnahmen unserer Regierung“. Ironie? Oder meint er es ernst? Keine Ahnung! Wir wissen nicht, was Jan Josef Liefers denken könnte. Vielleicht ist er ja wirklich ein Untertan und bringt das wortreich zum Ausdruck? Kein Scherz: Einige Menschen haben seine Worte für bare Münze genommen. Ironie ist oft nur für den Absender lustig – für zahlreiche Menschen ist sie vor allem missverständlich. Weshalb verringert Liefers absichtlich seine Reichweite? Ist ihm seine Botschaft nicht wichtig?

3. Klare Interpretationen nicht leugnen.

Interpretiert jemand die Ironie zutreffend wie der Journalist Markus von Mauschwitz im WDR, dann sollte der Absender der Ironie seine Absicht nicht leugnen. Die Redakteure beim WDR hätten sich über ihn geärgert, sagte von Mauschwitz seinem Gesprächspartner Liefers: Ein WDR-Kollege – Münster-„Tatort“ – komme daher und sage, alles sei „gleichgeschaltet, regierungstreu, alarmistisch. Wie kommen Sie dazu?“ Liefers sagt, das sei nicht gesagt, von „gleichgeschaltet“ sei nicht die Rede gewesen. Warum leugnet er das? Natürlich hat er das gesagt – nur eben nicht wörtlich, sondern ironisch codiert. Liefers greift hier zum unlauteren Mittel des absichtsvollen Missverstehens und des Umdeutens. Dabei lässt sich seine Ironie klar interpretieren. Wenn wir spöttisch sagen: „Das hat der Hausmeister ja mal wieder suuuper hinbekommen“, führt die Interpretation zum Gegenteil. Es ist unklug, das im Nachhinein zu leugnen.

4. Einfach und klar denken.

Die Botschaften in den #allesdichtmachen-Videos sind durchweg verkorkst. Die Macher haben zu viel gedacht. Sie wollten unbedingt originell und künstlerisch sein. Im Nachgang schreibt Initiator Dietrich Brüggemann in seinem Blog, alles sei beliebig interpretierbar. Und damit ist die Aussage der Kampagne natürlich tot. Alles egal! Also: Wenn Brüggemann und Liefers etwas zu sagen haben, warum sagen sie es dann nicht einfach und klar? Aus einem simplen Grund: Einfach zu denken, ist unter manchen Künstlern verpönt. Also schwurbeln sie lieber, obwohl unnötige Komplexität das Verständnis erschwert. Wenn Sie Ihre politische Botschaft planen, dann sagen Sie unbedingt einfach, was Sie meinen. Sagen Sie es unmissverständlich, sodass möglichst alle Ihren Gedanken folgen können. Machen Sie keine Kunst, sondern eine Aussage. Es geht nicht darum, wie intellektuell oder originell Sie sind, sondern darum, was Sie zu sagen haben.

5. Die Bedeutung klarmachen.

Wenn Sie wissen, was Sie sagen wollen, fügen Sie unbedingt noch an, was es für die Menschen bedeutet. Was folgt aus Ihrer Botschaft? Wechseln Sie dazu die Perspektive und versetzen Sie sich in die Lage Ihrer Zielgruppe, Ihres Publikums, der Wähler, der Bürger – also denken Sie wie Ihre Adressaten. Was folgt für die Menschen aus Ihren Worten? Das gehört unbedingt in den Text hinein. Denn nur so holen Sie die Leute ab. Als Bedeutung blieben aus den Videos von #allesdichtmachen eigentlich nur der Frust und die Verbitterung der Macher, und das ist ein bisschen wenig für eine politische Botschaft. Wollen Sie also fürs Bürgermeisteramt kandidieren und schreiben dazu einen Flyer, dann erzählen Sie darin nicht nur, wovon Sie überzeugt sind, sondern auch, was das konkret aus der Sicht der Bürgerinnen und Bürger heißt. Was folgt aus Ihrer Wahl? Machen Sie spürbar, was Ihre Botschaft bedeutet.