Echtes Commitment erreicht man nur durch Integrität
Dass die Loyalität von Mitarbeiter:innen zu ihren Arbeitgebern immer weiter abnimmt, ist nichts Neues. Die Ergebnisse des Randstad Arbeitsbarometers für Deutschland aus dem ersten Halbjahr 2022 weisen nur noch einmal einen neuen Tiefpunkt aus: 67 Prozent aller deutschen Arbeitnehmer wären danach bereit, in den nächsten sechs Monaten einen neuen Job anzunehmen. Von der „Generation Z“ fühlen sich sogar nur 15,8 Prozent mit ihrem Arbeitgeber verbunden. In Zeiten des steigenden Fachkräftemangels ist das für Unternehmen und Führungskräfte eine bedrohliche Entwicklung und eine schlechte Aussicht für die Zukunft. Aber es gibt auch eine gute Nachricht: Es besteht sehr wohl noch die Möglichkeit, Mitarbeiter:innen an sich zu binden und echtes Commitment zu erreichen. Dabei spielt für die jüngeren Generationen zwar auch Flexibilität in Sachen Arbeitsort und Arbeitszeit eine Rolle, aber viel entscheidender ist ein eher klassischer Wert: Integrität.
Integrität kennt keine Grauschattierungen
Integer zu sein, bedeutet, unbestechlich zu sein. Damit ist das Gegenteil von Integrität allerdings auch gleich die Korruption. Mit Integrität werden Werte in Verbindung gebracht wie Anständigkeit, Ehrlichkeit, Rechtschaffenheit, Wertschätzung und Verlässlichkeit. Alles sicher Werte, die wir im ersten Moment beim Lesen alle abnicken und denken: „Ja, finde ich gut. Eine gute Grundlage für die Zusammenarbeit.“ Trotzdem scheint Integrität in unserer Wirtschaftswelt nicht weit verbreitet zu sein. Bei einer Umfrage in „Wirtschaft und Politik“ gaben 7 Prozent der Befragten sogar an, dass sie nicht wissen, ob ihre Unternehmensführung mit einem hohen Maß an Integrität arbeitet. 16 Prozent gaben an, dass sie das regelmäßig tut – was auch immer das bedeuten mag, denn bei Integrität gibt es eigentlich keine Grauschattierungen. Entweder man ist integer und steht ein für die eigenen Werte oder nicht.
Führungskräfte als Vorbilder
Wir können und sollten von Führungskräften in den Unternehmen Integrität einfordern, damit sie gute Mitarbeiter:innen gewinnen und an die Unternehmen binden können, aber auch wegen der gesellschaftlichen Relevanz, die das Ganze hat. Führungskräfte fungieren immer als Vorbild für ihre Angestellten, ob sie wollen oder nicht. Daher ist es für unsere gesamte Gesellschaft ganz entscheidend, für welche Werte sie einstehen und dadurch vermitteln.
Obwohl Führungskräfte und große Teile des Teams die gleichen Werte vielleicht teilen, erlebe ich immer wieder, dass mir Manager gegenübersitzen und berichten, dass wieder jemand vor der versammelten Mannschaft fertig gemacht wurde und keiner – auch nicht sie selbst – eingegriffen hat mit dem Hinweis: „Moment mal, wir stehen hier doch für Wertschätzung!“ Im Gegenteil: alle kneifen weg.
Achtung Schweigespirale
Woran das liegt? An der sogenannten Schweigespirale. Wir haben in unserer Grundausstattung ein Gespür dafür, was um uns herum – in unseren Cliquen, Teams, sozialen Medien, Facebookgruppen gesagt, gewollt, verschwiegen, für gut befunden oder verworfen wird. Je mehr wir uns damit beschäftigen und irgendwie dazu gehören möchten, desto weniger äußern wir das, was ggfs. gegen die vermeintliche Mehrheitsmeinung steht. Wir formulieren immer seltener unsere wirkliche Meinung bis wir irgendwann – so sagt es die Schweigespirale – gar nichts mehr dazu sagen. Doch wenn wir nicht mehr sagen, was wir eigentlich denken, wird nicht mehr gehört, wofür wir stehen wollen. Aber nur wenn wir für unsere Werte und Meinung einstehen, sind wir sichtbar, relevant und laden zum Commitment ein. Zu einer Loyalität zu den gleichen Werten, zu denen wir verlässlich und berechenbar stehen.
Die 3 Eier der Integrität
Integrität zeigt sich vor allem in harten Zeiten oder dann, wenn durch die Schweigespirale schon vieles korrumpiert wurde. Damit jeder feststellen kann, wie es um die eigene Integrität steht, habe ich das Bild der drei Eier der Integrität entworfen. Beim ersten Ei geht es um das Eigelb, den Kern. Güteklasse A bekommt nur das Ei, das sich im Kern nicht verändert, also derjenige, der eindeutig bleibt und sich seiner Werte sehr bewusst ist. Beim zweiten Ei wird das Eiweiß untersucht. Folgen auf die Worte und die innere Überzeugung auch Taten oder hält man sich noch immer ein Hintertürchen offen? Sie sollten ein Ja auch ein Ja sein lassen und ein Nein sollte ein Nein bleiben. Auch wenn Kolleg:innen oder Mitarbeiter:innen Ihr Nein zunächst stört, sorgt es langfristig doch dafür, dass Sie für Ihre Angestellten Verlässlichkeit und Stabilität bieten. Die dritte Frage dreht sich darum, was ein Ei macht, wenn der Kühlschrank zu ist. Wird es zum Senfglas oder bleibt es ein Ei? Natürlich Letzteres! Machen Sie also Ihr Ding und leben Sie wofür Sie stehen nicht nur in der Öffentlichkeit oder den Sozialen Medien, sondern auch privat, wenn Sie niemand sieht. Hören Sie auf rumzueiern, schützen Sie Ihre Integrität und durchbrechen Sie vorhandene Schweigespiralen. Dadurch schaffen Sie sich beruflich wie privat automatisch ein Umfeld, das in den Kernüberzeugungen übereinstimmt, und scharen Menschen um sich, die sich aufrichtig zu Ihnen und Ihren Zielen committen und auf die Sie sich langfristig verlassen können.