Fest der Liebe

Mehr Empathie zum Fest der Liebe

von Monika Hein

Vielen graut es vor den Feiertagen und dem Weihnachtsstress. Die anderen freuen sich darauf, an Weihnachten endlich einmal wieder ungestört Zeit mit der Familie zu verbringen. Vorm inneren Auge sitzen da mehrere Generationen lachend um den Esstisch. Tante Gisela hat die Neffen schon so lange nicht gesehen und man selbst verbringt zu wenig Zeit mit der eigenen Teenager-Tochter. Wir visualisieren Wiedersehensfreude, Essen, Bescherung und nette Gespräche in den hellsten Pastelltönen. In der Realität kracht es dann aber leider doch oft schneller als gedacht: Winterspaziergang im Eisregen, die Kinder nur am Handy und Tante Gisela will Ruhe zum Mittagsschläfchen. Und jedes Jahr stellen wir uns wieder die Frage: Warum klappt es einfach nicht mit der Weihnachtsharmonie?

Ich glaube: Wenn’s beim Familienfest knallt, liegt das häufig am fehlenden Einfühlungsvermögen der Beteiligten. Im menschlichen Miteinander gibt es aber keine Alternative zur Empathie. Zunächst einmal klingt das Wort wie ein tolles Kompliment: Warmherzig und angenehm stellen wir uns empathische Menschen vor. Also baden wir in der Empathie-Wanne und glauben: Jetzt haben sich alle lieb und sind gut zueinander. Dazu zünden wir ein Räucherstäbchen an, trinken Erdbeertee, legen die neue Meditations-CD ein und alles wird fein. Wenn es mal so einfach wäre. Denn Empathie ist sehr viel mehr, als einfach nur nett und verständnisvoll zu sein.

Empathie? Was ist das eigentlich?

Wer empathisch mit sich und seinen Mitmenschen umgehen möchte, der räumt den Gefühlen seines Gegenübers, aber auch den eigenen Emotionen einen großen Stellenwert ein. Das zu akzeptieren fällt in einer rationalen Welt, die auf Fakten und Statistiken ausgerichtet ist, oft schwer. Hier liegt dann auch der Hase beziehungsweise Nikolaus im Pfeffer. Zum einen laden wir uns oft genug, den Weltschmerz auf die eigenen Schultern. Zum anderen bewerten wir gerne die Gefühle unserer Umwelt. Empathische Menschen nehmen von beidem Abstand. Denn jeder Mensch ist einzigartig und ebenso sind seine Gefühle individuell. Das kostet viel Kraft und Mühe, ist jedoch, meiner Ansicht nach, die einzige Möglichkeit, harmonisch miteinander auszukommen. Schafft man es empathisch zu kommunizieren, kann die Welt im Kleinen, wie im Familienkreis, aber auch im Großen zu einem besseren Ort werden.

Was heißt das nun konkret?

Wenn es ein Gegenteil von Empathie gäbe, wäre es wohl „Recht haben“. Das heißt, die eigenen Gefühle und Bedürfnisse für die richtigen zu halten, aber auch dem Irrtum zu erliegen, dass man wüsste, was der Andere gerade braucht. Wer empathisch im Umgang mit anderen ist, fragt sich unvoreingenommen: „Was brauchst du gerade von mir? Ich weiß im Moment noch nicht, wie ich dir helfen kann“. Diese Fragen sind so wichtig, dass wir sie im Gespräch auch ausdrücken sollten. Denn manchmal kennen wir die Antwort darauf einfach noch nicht, und es gehört auch zur Empathie, unsere Ratlosigkeit auszudrücken. Wir sind damit sachlich neutral und vermitteln: „Ich sehe dich, ich höre dich. Ich weiß aber gerade nicht, was du genau brauchst. Wollen wir uns hinsetzen und einen Plan machen? Oder möchtest du nur auf den Arm?“

Seien Sie offen und beobachten Sie, was von Ihrem Gegenüber tatsächlich kommt. Oft meinen wir, unsere Partner, Kinder oder auch Chefs bis ins kleinste Detail zu kennen. Wir meinen Recht zu haben und schließen daraus, zu wissen, was sie denken, fühlen oder brauchen. Meist liegen wir damit aber falsch, die Kommunikation gerät in Schieflage und ein Konflikt ist vorprogrammiert.

Empathie mit anderen bedeutet:

  • Wirklich und ehrlich präsent sein.
  • Die Dinge, die einem anderen passieren, nicht zum eigenen Problem machen.
  • Genau hinschauen, was der andere gerade braucht.
  • Fragen stellen, um adäquat helfen zu können.
  • Den anderen auch mal da zu lassen, wo er ist.
  • Auch einmal gar nichts sagen.

Probieren Sie es aus und machen Sie sich und Ihrer Familie doch zu Weihnachten mal ein ganz besonderes Geschenk: Seien Sie empathisch und damit neugierig auf die Wirklichkeit des anderen.