Work-Life-Balance

Für jeden sieht eine gesunde Work-Life-Balance anders aus

von Paul Weißhaar

Es sind viele Tipps und Thesen im Umlauf zu den Themen Work-Life-Balance, Stress und Resilienz. Einige davon sind hilfreich, allerdings nur, wenn wir auch die erwischen, die zu unserer Persönlichkeit passen. Ansonsten können sie sogar kontraproduktiv sein. Wir brauchen daher eine individuell gestaltete Work-Life-Balance, die die emotionale Dysbalance beseitigt, die bei vielen zu Unzufriedenheit und Energielosigkeit führt.

Die eigenen Motive analysieren

Zum Glück gibt es Hilfsmittel und Methoden, die uns helfen, ein zufriedenes, authentisches und selbstwirksames (Arbeits-)Leben zu führen. Ein sehr wirksames ist die Motiv-Struktur-Analyse (MSA®). Denn die repräsentativen Studien und tausende Coachings, die im Rahmen der MSA durchgeführt wurden, haben belegt, dass wir vor allem dann gesund leben, wenn wir unser berufliches und privates Dasein nach unseren Grundmotiven ausrichten. Dazu ein kurzes Beispiel: Wenn Sie als Fisch mit Affen aufwachsen, die gerne auf Bäume klettern, können Sie sich noch so viel bemühen – Sie werden nie die Exzellenz erreichen, mit denen ein Affe sich von Baum zu Baum hangelt. Kommen Sie allerdings zurück in einen Teich, können Sie ohne großen Kraftaufwand Ihr wahres Potential entfalten. Vielleicht ein extremes Beispiel, denn ein Fisch könnte außerhalb des Wassers gar nicht lange überleben, aber glauben Sie mir, auch viele Menschen bewegen sich weit entfernt von einem Umfeld, das ihnen die nötige Lebensenergie gibt.

Grundmotive und ihre Ausprägung

Insgesamt gibt es 18 Grundmotive, die jeder Mensch besitzt, die jedoch individuell ausgeprägt sind. Ein sehr wichtiges bei der Work-Life-Balance ist beispielsweise das Risiko-Motiv. Es beschreibt das Streben nach Neuem und Unbekannten, die Freude an Abenteuer und Veränderung, vielleicht sogar die Suche nach dem besonderen Kick. Menschen, bei denen der risikofreudige Anteil überwiegt, streben nach emotionaler An- und Aufregung, nach Nervenkitzel und handeln stressfreudig. Sie fühlen sich unter Druck besonders wohl und laufen zu Höchstleistungen auf. Sie schöpfen ihre Energie aus kritischen Situationen, die zum Beispiel durch Termindruck entstehen. Je mehr Adrenalin ihr Körper ausschüttet, desto effizienter und fokussierter können sie arbeiten.

Ist Ihnen beim Lesen und dem Gedanken an so viel Neues jetzt allerdings schon der Schweiß ausgebrochen, gehören Sie vermutlich eher zu den Menschen mit risikobewusstem Antrieb. Diese Menschen sind bestrebt, in einem ruhigen, veränderungsarmen und stressfreiem Umfeld zu leben. Sie sehen das Unbekannte oft als Gefahr und vermeiden es bewusst, handeln vorsichtig, mitunter auch ängstlich. Zu viele agile Aufgaben auf einmal, ohne klare Struktur oder roten Faden, können schnell zur Überforderung führen.

Grenzen setzen – eigene Wege gehen

Natürlich gibt es nicht nur das eine und das andere Extrem, sondern auch etwas dazwischen. Das Beispiel zeigt aber, wie wichtig es ist, zu wissen, in welchem Bereich wir uns wohl fühlen. Risikobewusste Menschen gehören in funktionierende Strukturen mit möglichst wenig Dynamik. Risikofreudige brauchen Aktion und Abwechslung. Da wir im Job viel Zeit verbringen, ist es wichtig, darauf zu achten, ob die Unternehmensstrukturen und der Arbeitsbereich zu uns passen und auch der Führungsstil. Sie können sich Ihren Chef oder Ihre Chefin nicht immer aussuchen, aber Sie können durchaus kommunizieren, was Sie brauchen, um Ihr volles Potenzial zu entfalten, denn Führungskräften ist das auch nicht immer bewusst.

Haben Sie Klarheit darüber, wie Sie ticken, können Sie diesen Führungsstil von Ihren Vorgesetzten einfordern: Wenn ich mich kenne, dann kann ich schneller die Ursache für mein Unwohl herauskriegen und entsprechend handeln. Wenn Sie Stress lieben, können Sie sich dafür einsetzen, dass Routineaufgaben anders verteilt oder delegiert werden, dass Sie mehr Kundenkontakt bekommen und stärker in Projekte eingebunden werden. Sind Sie risikobewusst, kommunizieren Sie klar, dass Sie über Aufgaben frühzeitig informiert werden wollen, so dass Sie Ihre Woche ohne Überraschungen planen können, und Ihnen wichtig ist, dass es festgelegte Prozesse für einzelne Projekte gibt. So können Sie Aufgaben sogar ablehnen, wenn aus Ihrer Sicht die Rahmenbedingungen für deren gute Erfüllung Ihrerseits nicht gegeben sind.

Werte im Konflikt

Eine eigene Analyse für eine ausgewogene Work-Life-Balance und ein den eigenen Bedürfnissen entsprechender Job ist daher sehr wichtig. Passt der Job nicht zu unseren Bedürfnissen, müssen wir die alle in unserer knappen Freizeit befriedigen, was ebenfalls sehr stressig werden oder das Familienleben belasten kann.