aktives zuhören mit guten fragen

Gute Kommunikation beginnt für Führungskräfte mit aktivem Zuhören

von Sabina Schmalz

Leadership-Expertin Sabina Schmalz beschäftigt sich seit 20 Jahren mit den unterschiedlichen Dimensionen der Führung und den neuesten neurologischen und psychologischen Erkenntnissen für die Führungsarbeit – im nationalen wie auch im internationalen Umfeld.

Wie können Führungskräfte ihre Kommunikationsfähigkeiten am besten trainieren?

Durch Selbstreflexion. Das Training beginnt im Grunde damit, sich selbst zuzuhören: Wie spreche ich? Welche Worte nutze ich in der Regel? Sind die Formulierungen ziel- oder eher problemorientiert? Und welche Qualität haben die Fragen, die ich anderen stelle? Wir denken beim Thema Kommunikation schnell ans Aussenden von Inhalten.

Das Kernelement guter Kommunikation auf Führungsebene ist aber die Fertigkeit, zieldienliche Fragen zu stellen.

Stichwort: aktives Zuhören. Diese Fokusverschiebung ist für einige eine Umstellung. Genau wie die Akzeptanz, dass es Zeit braucht, sich darin zu üben und zu verbessern.

Die Führungspersönlichkeiten, mit denen ich arbeite, sind absolute Macher:innen. Sie leisten viel und haben dadurch die Vorstellung und den Anspruch an sich selbst: »Okay, ich habe etwas Neues gehört, ich weiß, da gibt es etwas zu tun – morgen kann ich das perfekt.« Nur, weil wir uns nachts ein Buch unter unser Kopfkissen legen, ist dessen Inhalt am nächsten Tag allerdings nicht automatisch in unserem Kopf. Ich vergleiche Kommunikationstraining daher eher mit den ersten Versuchen, Fahrrad zu fahren. Die wenigsten von uns haben sich als Kind aufs Fahrrad gesetzt und sind direkt losgefahren. Eher haben wir wackelig ausprobiert, geübt, sind mal runtergefallen und immer wieder aufgestanden.

Das bedeutet für Führungskräfte, die mitbekommen, dass es neue spannende Ansätze oder Methoden gibt, dass sie sie erst einmal ohne große Erwartungen ausprobieren sollten. Damit das Umfeld nicht verwirrt ist, kommunizieren sie es am besten transparent an ihr Team. Vielleicht mit »Ich möchte etwas ausprobieren, das am Anfang irritierend wirken kann allein schon, weil es bisher anders war. Trotzdem möchte ich dem Ganzen eine Chance geben.« Je mehr Transparenz Führungskräfte zulassen, desto leichter ist es für andere Menschen, Vertrauen zu ihnen aufbauen.

Kommunikation, genauso wie andere wichtige Fähigkeiten im Führungsalltag wie Flexibilität, emotionale Intelligenz oder Entscheidungsfähigkeit, können Führungskräfte nicht immer perfekt abrufen. Sie weiter auszubauen und zu perfektionieren, braucht Zeit, Übung und Geduld. Jede:r wird auch mal runterfallen. Dann ist es wichtig, wieder aufzusteigen, neu auszuprobieren und sich vor allem Feedback einzuholen. Die Rückmeldung von außen in Kombination mit der Reflexion, wie zufrieden wir selbst mit unserer Leistung sind und was wir besser machen können, bedeutet, sich zu entwickeln.

Besser zu kommunizieren, beginnt mit der bewussten Entscheidung, sich zu verbessern.

Sind die Herausforderungen für Führungskräfte in Bezug auf Kommunikation größer geworden durch die Verbreitung remoter und hybrider Arbeitsweisen?

Führung auf Distanz wirkt auf jeden Fall wie ein Verstärker. Wenn wir auf Distanz führen, werden alle Dinge verstärkt – egal ob Skills, Charaktereigenschaften oder Unsicherheiten. Das heißt, die Dinge, die vorher gut waren, werden noch besser, und Dinge, die vorher im Argen lagen, rauschen so richtig in den Keller. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Dinge wie Vertrauen, Kommunikation oder auch Wertschätzung.

Über diesen Brennglaseffekt hinaus, erfordert führen auf Distanz zusätzliche Strategien, um ein remotes oder hybrides Team effektiv zu leiten. Oder um im Team das Gefühl von Verbundenheit zu bewahren. Das erste Thema ist für mich in einem remoten Setting daher immer, Vertrauen aufzubauen und Vertrauen zu fördern. Eine Falle, in die viele Führungskräfte in dem Kontext tappen: Sie üben zu viel Kontrolle aus oder betreiben Mikromanagement.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, die Kommunikation bewusst zu gestalten. Das bedeutet vor allem, gemeinsam festzulegen, wie wollen wir sprechen, was machen wir synchron, wo können wir asynchron kommunizieren, wie halten wir uns auf dem Laufenden und wie schaffen wir Transparenz. Bei der remoten Führung ist es zentral, über einen konkreten Kommunikationsplan zu verfügen, weil wir eben nicht mal schnell zwischen Tür und Angel irgendetwas besprechen können oder relevante Informationen durch Gespräche anderer mitbekommen. Wenn einige vor Ort im Büro über diese informellen Kommunikationswege verfügen, dann muss noch dringender die Frage beantwortet werden, wie sichergestellt wird, dass auch alle, die remote arbeiten, dieselben Informationen erhalten.

Neben klaren Kommunikationswegen müssen auch Ziele und Erwartungen bei Führung auf Distanz noch deutlicher formuliert und definiert werden, damit ganz genau klar ist, was ich von jemandem erwarte und was er oder sie erreichen soll. Das ist aber keine kommunikative Einbahnstraße. Zu klären, was die Menschen von mir als Führungspersönlichkeit brauchen, um gut arbeiten zu können, ist genauso wichtig.

Ein letzter Schlüsselpunkt ist der gezielte Einsatz digitaler Tools zur Kommunikation. Hier begegnen mir bei Führungskräften und ihren Teams noch viele Lücken. Dabei sind sie eine enorme Hilfe, wenn sich Teams gemeinsam bewusst für bestimmte Plattformen und Kommunikationstools entscheiden und dadurch Transparenz für alle schaffen, egal ob sie im gleichen Büro oder in einem anderen Land arbeiten.

Was können Führungskräfte tun, wenn die Verbundenheit bereits verloren gegangen ist und es im Team knirscht? Gibt es einen Weg zurück?

Es ist zwar eine der größten Gefahren der remoten Arbeitswelt, dass die Verbundenheit verloren geht und damit die Vertrauensbasis wegfällt, allerdings kann das genauso passieren, wenn man sich im gleichen Gebäude aufhält. Um verlorenes Vertrauen wieder aufzubauen, brauchen Führungspersönlichkeiten im ersten Schritt wieder einen klaren Blick auf sich selbst: Was denke ich über die andere Person? Warum vertraue ich nicht darauf, dass sie ihren Job gut macht? Was ist meine Haltung ihr gegenüber, wie nehme ich sie wahr? Und bin ich bereit, der anderen Person wieder zu vertrauen? Was sind für mich Kriterien oder Rahmenbedingungen, um der anderen Person wieder vertrauen zu können?

Der nächste Schritt ist in die Kommunikation zu gehen und den Blickwinkel der anderen Person zu erforschen. Wie geht es ihr? Was braucht die andere Person genau? Das ist wichtig, um dann in den Austausch zu gehen und zu schauen, wie man die Zusammenarbeit gestalten kann, um eine Vertrauensbasis wieder herzustellen.

Vertrauen ist kein Schalter, Vertrauen ist ein Prozess.

Wir können uns die Vertrauensbasis vorstellen wie ein gemeinsames Konto – ein emotionales Beziehungskonto. Herrscht ein Vertrauensverlust, ist das Konto im Minus. Dann braucht es mehrere Einzahlungen. Eine große Einzahlung allein hilft leider nicht, sondern es braucht viele kontinuierliche.

Wie können die aussehen?

Zum Beispiel kann ich als Führungskraft regelmäßig in den Austausch gehen, den anderen bewusst wahrnehmen und fragen: Wie geht es dir, was brauchst du, was sind deine Themen? Eine Einzahlung kann sein, dass ich dem anderen bewusst Freiräume lasse. Oder auch, dass ich ganz hinter meinem Mitarbeiter oder meiner Mitarbeiterin stehe, gerade wenn er oder sie von außen Gegenwind bekommt. Ich kann auf das Konto einzahlen, indem ich jemanden hervorhebe und mich als Führungskraft selbst zurücknehme. Und wichtig ist, dass ich Konsistenz zeige – nicht nur im Kontakt mit der betroffenen Person, sondern auch im Austausch mit anderen Menschen über die Person und generell. Sich selbst und dem Miteinander treu zu bleiben ist für den Vertrauensaufbau entscheidend.

Du arbeitest international, viel auf Englisch. Gibt es da besondere Herausforderungen oder Unterschiede in Bezug auf die Kommunikation?

Im internationalen Kontext ist für mich noch wichtiger mit Führungskräften, den Blick für die anderen zu trainieren, damit klar ist, was sind kulturelle Besonderheiten zum Beispiel in Bezug auf Führungsstile, wie unterscheiden sich kulturelle Werte, Arbeitsweisen oder auch Erwartungen an die Führung.

Wer international erfolgreich sein möchte, braucht diese Sensibilität dafür, dass andere Kulturen anders geprägt sind – auch in ihrer Art zu kommunizieren.

Es geht dabei nie um ein Richtig oder ein Falsch, sondern darum, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln und in die eigene Analyse zu gehen: Was wird von mir, von der Art der Führung erwartet und wie wird kommuniziert? Im asiatischen Raum ist beispielsweise Ironie nicht so verbreitet und kommt daher vermutlich nicht gut an. Nur, wer sich der unterschiedlichen Kommunikationsstile bewusst ist, wer weiß, in welchen Situationen er Menschen direkt anspricht, in welchen, er oder sie besser eine indirektere Kommunikation wählt, kann wirksam führen. Auch das Thema Macht und Status ist hier wichtig oder wie in der Kultur Entscheidungen getroffen werden.

Bevor ich stur mit meinen bewährten Handlungen und Strategien reingehe, braucht es wirklich erst einen Blick für das Umfeld, die Organisation und die Menschen in der Organisation. Und dann im nächsten Schritt auch noch tiefer zu schauen, wie sind die Menschen individuell, denn auch da gibt es sehr unterschiedliche Ausprägungen.

Buchtipp:
Der Kommunikationshappen
Jana Assauer und Mona Schnell (Hrsg.) im Interview mit Sabina Schmalz u.a.
ISBN 978-3-98640-030-9