Netzwerken für Führungskräfte

Je mehr Ihr Netzwerk über Sie weiß, desto mehr können diese Menschen für Sie mitdenken, wenn es um eine interessante Stelle geht

von Silke Grotegut

Silke Grotegut kommt aus der Personalabteilung des DAX-Konzerns „Deutsche Telekom“ und unterstützt Führungskräfte dabei, mit ihren öffentlichen Business-Netzwerken auffindbar und für potenzielle Arbeitgeber:innen attraktiv zu sein. Sie hilft ihnen dabei, diese Profile so zu optimieren, dass sie auch im verdeckten Arbeitsmarkt passgenau gefunden werden.

Frau Grotegut, Sie helfen Menschen in Führungspositionen dabei, sich gut aufzustellen mit Xing, LinkedIn und Co. Warum ist das heutzutage überhaupt wichtig?

Von Führungskräften erwarten wir noch viel mehr als von Angestellten, dass sie auf den Punkt kommen, dass sie schnell Dinge erklären können, etwas rüberbringen. Und das gilt auch, was ihre eigene Person, ihre eigene Leistung anbelangt. Jeff Bezos hat einmal gesagt: „Personal Brand ist das, was Menschen über dich sagen, wenn du nicht im Raum bist.“ Das ist der Ruf, der jedem vorauseilt. In öffentlichen Profilen kann ich darauf Einfluss nehmen, was Menschen über mich erzählen, indem ich selbst gut in Worte fasse, was mich ausmacht, wo meine Erfahrungen liegen, meine Kompetenzen, aber auch, was meiner Persönlichkeit entspricht, was ich möchte und erwarte. Je mehr Ihr Netzwerk über Sie weiß, desto besser können diese Menschen für Sie mitdenken, wenn es zum Beispiel um eine interessante, vakante Stelle geht. Dabei spielt die Persönlichkeit eine große Rolle. Denn sie ist das, was uns einmalig macht.

Qualifikationen und Kompetenzen haben in den meisten Fällen auch andere. Aber das Konglomerat aus Erfahrung, Kompetenzen, Stärken und der eigenen Persönlichkeit, das macht mich einzigartig. Außerdem: Je höher die Führungsposition, desto seltener werden Stellen überhaupt ausgeschrieben, daher ist die Sichtbarkeit nach außen und ein gutes Netzwerk so wichtig.

Wie läuft die Besetzung von Führungspositionen denn in der Regel ab?

Sie können sich sicher vorstellen, dass die Stelle eines Vorstandsvorsitzenden nicht in der Süddeutschen Zeitung oder bei StepStone ausgeschrieben wird. Je höher eine Position, desto häufiger werden Personalberater eingesetzt, die dafür bezahlt werden, passende Mitarbeiter:innen oder Führungskräfte aus bestehenden Arbeitsverhältnissen heraus zu lösen. Diese Menschen müssen potenzielle Anwärter:innen finden, sie identifizieren, mit ihnen Gespräche führen und eine Vorauswahl treffen. Das ist die eine Möglichkeit. Oder ich habe in meinem Netzwerk jemanden, der weiß, dass ich für diese vakante Position passend sein könnte und er oder sie bringt mich ins Spiel. Darin liegt der Mehrwert meines Netzwerks, was die berufliche Neuorientierung angeht. An diese Stellen käme ich sonst nicht heran. Alle Stellen, die nicht ausgeschrieben werden – das ist der versteckte Stellenmarkt.

Manchmal betreiben Firmen auch Active Sourcing. Sie schreiben die Stelle nicht aus, sondern begeben sich aktiv auf die Suche nach passenden Kandidat:innen. Und das tun sie im Netz. Bei LinkedIn beispielsweise kann ich nach bestimmten Keywords suchen. Dann wird mir eine ganze Liste an Personen ausgespuckt, die ich anschließend als Recruiter:in natürlich noch qualifizieren muss. Deshalb sind relevante Keywords im Profil neben der Persönlichkeit wichtig. Ich muss wissen, wonach meine Zielgruppe sucht und diese Keywords dann häufig unterbringen.

Ein Beispiel: Wenn ich mich im Vertrieb bewerbe oder da eine Position finden will, dann sollte Vertrieb im besten Fall in jeder meiner Positionen irgendwie auftauchen. Daraus schließt der LinkedIn Algorithmus: Das ist ein Match und spielt Ihr Profil an diejenigen aus, die eine:n Vertriebler:in suchen – im besten Fall ganz oben.

Das heißt, um entdeckt zu werden, für spannende Stellen, die für meine Karriere sinnvoll sein können, sollte ich netzwerken und mein Netzwerk stetig ausbauen – möglichst bereits in Zeiten, in denen ich noch nicht darauf angewiesen bin. Wie gehe ich am besten vor?

Am Anfang brauche ich vor allem selbst Klarheit darüber, wen ich ansprechen möchte: Wer ist meine persönliche Zielgruppe? Welche Branche will ich ansprechen? Sind das Firmen, die Maschinen bauen oder die Computerberatungen durchführen, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Zu einer guten Vorbereitung gehört aber auch, zu wissen, welche Probleme die Zielgruppe hat und wie ich die gut lösen kann. Darauf basiert dann das Wording. Wenn ich das definiert habe, optimiere ich mein Profil entsprechend. Die Visitenkarte – dieser obere Bereich im Profil, spielt dabei die größte Rolle. Wenn ein:e Personaler:in oder ein Headhunter auf ein Profil klickt, dann will er oder sie innerhalb von ein, zwei Sekunden verstehen, ob diese Person sein oder ihr Problem lösen kann oder nicht. Dazu muss ich außerdem erkennen können, in welcher Liga diese Person spielt. Keine:r macht sich die Mühe und liest für diese Informationen ein ganzes Profil.

In der Visitenkarte ist immer voreingestellt, dass LinkedIn den Jobtitel und die aktuelle Firma zieht. LinkedIn bietet aber auch die Möglichkeit, diesen Profilslogan zu individualisieren. Bei Xing geht das nur über die Premiumversion. Dort kann ich zum Beispiel schon meine Keywords unterbringen – also sowas wie meine angestrebte Zielposition. Dann kann ich das beschreiben, was mich ausmacht und besonders macht. Eine gewünschte Position zu formulieren, erfordert oft ein bisschen Mut. Aber wenn ich mich in der Lage sehe, diese Position auszufüllen, dann gehört das in die für mich relevanten Keywords.

Viele verwechseln übrigens ihr LinkedIn-Profil mit einem Online-Lebenslauf. Sie listen dann ganz brav Station für Station auf. Das braucht es aber überhaupt nicht. Es reicht völlig aus, sich auf die Positionen zu beschränken, die auf meine gewünschte Zielposition einzahlen. Das Profil dient als Schaufenster, in das ich all das stelle, was meine Zielgruppe anspricht, in der Hoffnung, dass sie mich daraufhin persönlich kontaktieren.

Steht mein Profil, kann ich dann aktiv mein Netzwerk auf- und ausbauen. Ich kann nach interessanten Kontakten suchen und mit denen auch interagieren, Posts liken, kommentieren, selbst etwas veröffentlichen. So bekomme ich Sichtbarkeit im Netz.

Buchtipp:
Der Führungshappen
Jana Assauer und Mona Schnell (Hrsg.) im Interview mit Silke Grotegut u.a.
Mehr als 200 Jahre Führungswissen in einem Buch
ISBN 978-3-98640-019-4