Kommunikation im Bett

„Wir müssen reden“ – für mehr Liebe im Sex

von Ela Buchwald and Volker Buchwald

Wir reden ganz selbstverständlich über die neuesten Dildo-Modelle oder tauschen uns über Tinder-Erlebnisse aus. „Dirty Talk“ haben wir natürlich alle schon probiert. Kurzum, wir halten uns für ziemlich aufgeklärt und selbstbewusst in Sachen Sex. Geht es aber um Gefühle beim Sex, werden wir schnell stumm wie Fische. Plötzlich finden wir nicht die richtigen Worte um über Sehnsüchte oder Unzufriedenheit zu sprechen – über Distanz, wo wir uns Nähe wünschen und über Einsamkeit, die wir ausgerechnet dann fühlen, wenn wir einander doch ganz nahe sein sollten? Um unsere wahren Gefühle beim Sex auszudrücken, müssen wir plötzlich ziemlichen Anlauf nehmen. In einer langjährigen Beziehung fällt uns das oft sogar noch schwerer als in einer frischen.

Das große Schweigen

Denn gerade dann, wenn wir schon immer geschwiegen haben, nach dem Motto „Über Sex redet man nicht, Sex macht man“, könnte sich unser Partner oder unsere Partnerin betrogen fühlen und uns Vorwürfe machen: Warum sagst du das jetzt erst? Warum hast du mir all die Jahre etwas vorgemacht? Wie soll ich dir noch vertrauen?

Fakt ist, es gibt viele Gründe zu schweigen und alle haben auch mit der Angst zu tun, den anderen zu verlieren. Doch Angst ist nie ein guter Ratgeber. Irgendwann belastet diese Sprachlosigkeit nicht nur uns, sondern auch unsere Beziehung. Denn gibt es ein Problem, verschwindet es selten von selbst. Deshalb sollten wir über Sex sprechen. So kann das gut klappen:

  1. Sprich von dir. „Man müsste mal…“ fühlt sich vielleicht erstmal besser an. Damit übernimmst du aber keine Verantwortung für deine Gefühle. Nutze deshalb Satzanfängen wie „Ich fühle…“ oder „Ich wünsche mir…“. So vermeidest du außerdem Missverständnisse.
  2. Sprich klar und konkret. Dein Partner, deine Partnerin kann keine Gedanken lesen und ist auch gar nicht dafür zuständig, dich glücklich zu machen. Dafür musst du schon selbst sorgen. Doch je genauer der andere weiß, wie du dich fühlst, desto besser kann er auf dich eingehen. 
  3. Vermeide Vorwürfe, Schuldzuschreibungen oder negative Du-Botschaften im Sinne von „Du machst immer…“ oder „Du bist überhaupt nicht zärtlich.“ Äußere lieber den Wunsch, dass ihr zärtlicher miteinander seid. So kann ein konstruktives Gespräch entstehen.
  4. Vermeide Forderungen. Mach‘ stattdessen Vorschläge, was ihr gemeinsam tun und ausprobieren könntet.
  5. Sprich über etwas, das dir nicht gefällt oder das du dir wünschst, lieber früher als später. Dann staut sich nichts auf und Probleme wachsen nicht in den Himmel.
  6. Hab Geduld und sprich nicht alles gleich in der Situation an, in der vielleicht Frust und Enttäuschung dominieren. Setzt euch lieber mit etwas Abstand an den Küchentisch. Mit Zeit und ohne Groll findet ihr leichter eine gemeinsame Lösung.

Zu guter Kommunikation gehört natürlich nicht nur das Sprechen, sondern vor allem auch das Zuhören.

Bewusst zuhören

  1. Lass deinem Gegenüber seine Sicht und seine Gefühle. Sie sind genauso wahr wie deine.
  2. Zeig durchs Zuhören, dass dich wirklich interessiert, was dein Partner, deine Partnerin denkt, fühlt und findet.
  3. Gib dem anderen alle Zeit, sich ohne Unterbrechung zu erklären – und nimm dir umgekehrt so viel Zeit, wie du brauchst.
  4. Frag nach, wenn du unsicher bist, ob du alles richtig verstanden hast. Auch so vermeidet ihr Missverständnisse.
  5. Gib Feedback: Das freut mich, dass du das mit mir zusammen ausprobieren willst … Ich bin ziemlich überrascht, dass du das so siehst, statt: „Das stimmt doch gar nicht!“

Love Hack: Beim Sex sprechen

Es ist aber nicht nur wichtig über Sex und die eigenen Gefühle zu sprechen. Durch die Kommunikation beim Sex entsteht ein neues Level an Nähe und Verbundenheit. Wir reden hier nicht von Dirty Talk, sondern haben drei Übungen zum Ausprobieren mit eurem Lieblingsmenschen:

Übung 1: Sagt, was ihr im Herzen fühlt

Wir haben oft das Gefühl, beim Sex geht es um Spaß, Sinnlichkeit und Glück, aber auch andere Gefühle haben ihren Platz. Vielleicht seid ihr schon den ganzen Tag traurig und fühlt es auch noch im Bett. Vielleicht habt ihr sogar Sex, weil ihr traurig seid und euch besser fühlen wollt. Entspannter Sex ist deshalb so schön, weil ihr keinen Schalter umlegen müsst von traurig auf wild oder von müde auf geil. Ihr müsst keine Rolle spielen, keine Leistung abrufen und nichts verleugnen. Verabredet daher beim nächsten Mal, dass jeder 5 bis 10 Minuten Zeit hat, über die eigenen Gefühle zu sprechen. Der andere hört nur zu. Er braucht nicht kommentieren, trösten oder aufmuntern. Es geht nur darum, den Augenblick zu teilen und anzunehmen, was ist. 

Übung 2: Sagt, was ihr im Körper spürt

Die Übung fällt vielen leichter, denn es geht darum, dass ihr euch darüber austauscht, was konkret in euren Körpern geschieht und die Empfindungen aus dem diffusen „Oh-ja-das-ist-alles-sehr-schön-Nebel“ herausholt. Je bewusster ihr einzelne Dinge wahrnehmt, desto intensiver werden sie. Wird es warm, kribbelt, pulsiert oder vibriert es? Kann sein, dass sich das erst einmal eher wie in einem Labor als in einer Romanze anfühlt. Das macht aber nichts. Seht euch ruhig als Forscher, die Unbekanntes entdecken und bisher verschlossene Türen öffnen. Mit der Zeit findet ihr eine gemeinsame Sprache. 

Übung 3: Frische Wörter

Wer seinen Penis 30 Jahre lang Schwanz genannt hat, der verbindet auch eine gewisse Art der Performance mit diesem Begriff. Daher: Versucht bei dieser Übung Begriffe zu benutzen, die nicht anzüglich und eher neutral sind, denn die Sprache bestimmt unser Bild von der Welt und prägt unsere Gedanken und Einstellungen. Unsere Gefühle beeinflussen unsere Wortwahl und unserer Wortwahl unsere Gefühle. Daher hilft es, sobald wir etwas Neues ausprobieren, auch sprachlich offen für Neues zu sein. 

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DAS EINFACH LIEBE PRINZIP
Der Sex-Ratgeber für entspannte Paare und solche, die es werden wollen