Die Digitalisierung und die wachsende Geschwindigkeit in unserer Gesellschaft sorgen dafür, dass es zur Herausforderung wird, persönliche Kontakte zu pflegen – selbst für Kinder. Laut Dirk W. Eilert, Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Mimikresonanz® e.V., besteht die Gefahr, dass die Empathie bei Kindern und Jugendlichen sinkt. Mit speziellen Empathie-Trainings will er gegensteuern. Wir wollten wissen, was es damit konkret auf sich hat.

1.Warum ist es wichtig, Empathie bei Kindern zu fördern?

Morgens klingelt der Wecker im Smartphone. Das Nächste: Der Blick darauf, um zu prüfen, ob uns jemand geschrieben hat oder wir „Likes“ in den sozialen Medien bekommen haben. Das ist für viele Alltag – nicht nur bei Erwachsenen, sondern leider auch bei vielen Kindern und Jugendlichen. Die Verführung der digitalen Welt ist groß und beginnt bereits morgens beim Aufstehen.

Mittlerweile werden digitale Medien auch in den Schulen eingesetzt. Die Kinder lernen an Tablets, Laptops, nutzen Whiteboards. Haben wir ein Problem in der Anwendung unseres Smartphones, wissen unsere Kinder meist genau, wie man es löst. Die Kehrseite davon: Viele Kinder haben zwar einen guten Zugang zu Smartphone, Tablet und Co., die sozialen Fähigkeiten entwickeln sich aber nur langsam. So sitzen manche Kinder lieber alleine in ihrem Zimmer und beschäftigen sich mit Handy- und Computerspielen, anstatt sich mit Kameraden zu treffen.

Wie Studien zeigen, führt dies dazu, dass die Empathie sinkt und die Kinder und Jugendlichen immer weniger in der Lage sind, Emotionen bei anderen richtig zu erkennen und angemessen damit umzugehen. Wollen wir unsere Kinder gut für ein glückliches und erfolgreiches Leben vorbereiten, ist es meiner Ansicht nach wichtig, den Faktor Digitalisierung durch den Faktor Mensch, durch Empathie, ins Gleichgewicht zu bringen.

2. Und wie soll das geschehen? Wie kann man Empathie bei Kindern fördern?

Es kommt darauf an, die sozialen Kontakte zu pflegen – auch innerhalb der eigenen Familie. In der Mimikresonanz®-Methode habe ich Tools entwickelt, mit denen Familien gemeinsam und spielerisch Empathie und emotionale Kompetenz trainieren können. Etwa die Gefühlskonferenz. Dabei handelt es sich um 22 Karten, auf denen verschiedene Emotionen abgebildet sind. Sie sind vielfältig einsetzbar. Meine Frau und ich nutzen die Gefühlskonferenz mit unseren Kindern täglich. Dazu setzen wir uns als Familie jeden Abend zusammen und lassen den Tag mit der Gefühlskonferenz Revue passieren.

Jeder betrachtet dafür die unterschiedlichen Emotionen auf den Karten und überlegt, welche Gefühle er im Laufe des Tages erlebt hat und welche davon er jetzt gerne mit den anderen teilen möchte. Die Gefühlskonferenz-Karten unterstützen dabei, einen besseren Zugang zu den einzelnen Emotionen zu bekommen. Wichtiger Grundsatz dabei ist: Jede Emotion hat eine wichtige Funktion für unser Leben – es gibt keine schlechten Emotionen. Angst hat beispielsweise die Aufgabe, für Sicherheit in unserem Leben zu sorgen. Hätten wir keine Angst, würden wir ohne nach rechts und links zu schauen über die Straße gehen. Angst wird nur zum Problem, wenn sie zu stark ist und uns blockiert. Als zweites Tool haben wir das Gefühlfeuerwerk entwickelt, indem Kinder aber auch Erwachsene spielerisch lernen, die sieben Basisemotionen Angst, Überraschung, Ärger, Ekel, Verachtung, Trauer und Freude richtig zu erkennen

3. Die Deutsche Gesellschaft für Mimikresonanz e.V. will emotionale Intelligenz im Allgemeinen und Empathie im Besonderen an Schulen und in Kitas fördern. Was konkret machen Sie?

Unsere Vision ist es, dass an deutschen Bildungseinrichtungen emotionale Intelligenz als Unterrichtsfach eingeführt wird. Dazu geben zum Beispiel von uns zertifizierte Mimikresonanz®-Trainer bundesweit ehrenamtlich Trainings an Schulen und Kitas. Die Kinder lernen, wie sie die Gefühle anderer erkennen und wie sie mit dem gewonnenen Wissen darüber zielführend umgehen können. Das heißt, es gibt konkrete Verhaltensideen an die Hand, um das Miteinander zu fördern. Geübt wird auch, wie man mit emotionalen Stress umgeht und blockierende Emotionen löst.

Des Weiteren bieten wir Lehrern die Möglichkeit zur kostenfreien Teilnahme an unseren Mimikresonanz-Trainerausbildungen, mit dem Ziel, dass sie die Inhalte in ihren Unterricht integrieren. Wir arbeiten hier bereits mit mehreren Schulen zusammen. In Berlin-Spandau konnten wir sogar eine Schule gewinnen, mit der wir sehr eng kooperieren. Dort sind bereits sieben Lehrer in Mimikresonanz ausgebildet.4

4. Welche Erfahrungen haben Sie mit Ihren Trainings bzw. der Mimikresonanz gemacht?

Wir haben sehr interessierte Kinder in unseren Trainings. Sie zeigen viel Freude daran, spielerisch die Emotionserkennungsfähigkeit zu trainieren und einen besseren Umgang miteinander zu fördern. Oft haben die Kinder auch interessante Ideen dazu und bereichern unser Wissen. Von den Lehrern indes bekommen wir tolles Feedback, dass die Kinder sich mehr Empathie-Trainings wünschen. So kommen immer mehr Lehrer und Schulen aktiv auf uns zu und fragen, ob wir mit den Mimikresonanz-Trainings auch in ihre Klasse kommen können. Ferner erhalten wir zahlreiche Rückmeldungen, dass sich nach dem Training das Klassenklima und der Umgang der Kinder untereinander verbessert haben. Es freut uns außerdem sehr, dass die Kinder auch Zuhause von den Trainings erzählen und Eltern auf uns zukommen, um sich Ideen und Tools zur Förderung der Empathie zu holen.

5. In welchen anderen Bereichen ist Mimikresonanz noch von Bedeutung?

Da das Erkennen von Emotionen der Kitt für soziale Kontakte ist, ist Mimikresonanz® überall wichtig, wo es um eine Kommunikation von Angesicht zu Angesicht geht. Beispielsweise im Service, im Verkauf und in der Führung. Studien haben gezeigt, dass Führungskräfte, die über eine hohe Emotionserkennungsfähigkeit verfügen, motivierte und zufriedenere Mitarbeiter haben. Die Vorteile im Service liegen ebenso auf der Hand: Wer kennt es nicht? Man steht an der Rezeption und wird beim Auschecken gefragt, ob es einem gefallen hat. Anstatt nun in die Mimik des Kunden zu schauen, gucken viele Mitarbeiter lieber in den Computer. Das habe ich schon oft erlebt. Nun ist aber nicht jeder Gast so ehrlich und sagt, wie es ihm tatsächlich gefallen hat. Ist der Servicemitarbeiter in Mimikresonanz geschult und blickt dem Gast während der Antwort ins Gesicht, kann er kleine Signale der Unzufriedenheit wahrnehmen, auch wenn der Gast es verbal vielleicht nicht ausdrückt. Dann hat der Mitarbeiter die Möglichkeit, mit dem Gesehenen zielführend umzugehen und adäquat darauf zu reagieren. Schafft er es, die Unzufriedenheit auszuräumen, kommt der Gast mit Sicherheit wieder. Reagiert der Servicemitarbeiter allerdings nicht darauf, weil er die nonverbalen Signale übersieht, wird der Gast unzufrieden abreisen, nicht wiederkommen und – noch viel schlimmer – schlechte Mundpropaganda für das Hotel machen.

Letztlich ist Empathie der Schlüssel zu einem glücklichen Leben und lässt sich nicht auf einen bestimmten Bereich begrenzen. Eine Studie aus dem Jahr 1999 hat festgestellt, dass schon 40 Sekunden Mitgefühl, das wir jemandem schenken, ausreichen, um beim Gegenüber emotionalen Stress signifikant zu reduzieren. Wäre es nicht wundervoll, wenn das jeder weiß und wir uns gegenseitig Empathie schenken, vor allem in Momenten, in denen es uns vielleicht mal schlecht geht? Dieses Wissen wollen wir mit Mimikresonanz® in die Welt tragen.