Bevor es den Begriff der Patchwork-Familie überhaupt gab, haben unsere Großmütter dieses Modell nach dem Krieg bereits gelebt. Die Familie, erst alleinerziehend, später mit einem neuen Mann, seinem Kind und einem gemeinsamen Baby wieder zusammenzuflicken, war damals eine übliche Überlebensstrategie. Heute lösen sich die vermeintlich starren Normen in immer weitere, buntere Formen auf und Familien werden vor die Aufgabe gestellt, sich ihren eigenen Rahmen zu geben, in dem sie leben wollen.
Die Familie von heute ist bunt
Anke Nennstiel hat als Coach für Positionierung & Neuausrichtung ganz persönliche Erfahrungen mit dem Patchwork-Modell gemacht und sagt: „Eigentlich wollten wir unser Patchwork-System nur durchziehen bis die Kinder groß sind. Jetzt ist das älteste 24 Jahre alt und unsere ehemalige Zweckgemeinschaft zum Wohle der Kinder ist heute ein bunter, liebevoller und vielfältiger Haufen, der noch immer wächst.“ Auf dem Weg dorthin hat Anke Nennstiel einige grundlegende Spielregeln für das erfolgreiche Zusammenleben einer Wahlfamilie entwickelt.
Tschüss Ego! Wie Patchwork funktioniert.
Eines vorweg: In Patchwork-Familien, in denen mit dem Ex-Partner, dessen neuer Frau, neuen Großeltern und Verwandten meist mehr Menschen involviert sind als in der klassischen Kernfamilie, haben Narzissten schlechte Karten. Denn, die wichtigste Voraussetzung für ein glückliches Zusammenleben ist die Bereitschaft für Wachstum und Entwicklung. Dazu bleibt das eigene Ego, zum Wohlergehen der Kinder, zu Hause. So bereitet man die Basis, für ein wundervolles, buntes Netzwerk, von dem nicht nur die Kinder profitieren.
Konflikte sind Chancen
Wo Individuen aufeinandertreffen entsteht Reibung. Doch Konflikte sind nützlich, denn sie zeigen wo es aktuell nicht optimal läuft und Verbesserungspotential für die Zukunft liegt. Wenn die Bedürfnisse der Kinder, die Basis für alle Entscheidungen bildet, fällt es uns leichter, kurzweilig Animositäten in den Hintergrund zu rücken.
Eine Patchwork-Familie hat den Vorteil, dass die vielen Berater auch durchaus nützlich füreinander sein können. Für Anke Nennstiel ist es nach wie vor eine Bereicherung, mit Co-Vätern und Co-Müttern nicht nur Experten bei Erziehungsthemen zu haben, sondern auch die Probleme der Erwachsenen thematisieren zu dürfen, um so Themen wie Trennung, Jobverlust oder Krankheit in einem vertrauten Umfeld teilen zu können.
Konfliktfrei miteinander reden
Probleme konfliktfrei untereinander austragen? Das geht! Am einfachsten gelingen konfliktfreie Gespräche, in dem man sich dazu einen neutralen Raum schafft, in dem am besten noch eine dritte, unbeteiligte Person der Patchwork-Crew dabei ist. Konfliktfreie Kommunikation bedeutet echte und klare Botschaften in Verbindung mit wohlwollenden Gedanken in Richtung Kindswohl. Fragen Sie sich dabei immer genau, welche Botschaft, Sie senden wollen. Was wollen Sie wirklich erreichen? Und was davon sind persönliche Emotionen, die nicht zielführend sind?
Patch works!
Eine Familie zusammenzuhalten ist keine leichte Aufgabe – egal für welche Konstellation Sie sich entschieden haben. Dabei gibt es kein richtig oder falsch. Wichtig ist, dass das Familienmodell zu allen beteiligten passt und das gemeinsame Ziel, den Kindern ein stabiles Lebensumfeld zu geben, im Fokus ist. Eltern können dabei nicht bloß zu Stief- sondern ganz positiv gesehen zu Co-Müttern und Co-Vätern werden, wenn sie sich liberal und wertschätzend auf neue Partnerschaften mit Kindern einlassen. Wenn alle Beteiligten dies als Mehrwert und Nutzen sehen können und ihr Ego zu Hause lassen ist es eine große Bereicherung für alle. Aber vor allem für die Kinder: Die innere Zerrissenheit oder Loyalitätskonflikte, die nach der Trennung der Eltern schnell entstehen, fallen weg. Die Patchwork-Geschwister können sich wie in traditionellen Familienmodellen aneinander reiben und so für ihr ganzes Leben lernen. Die einzelnen Teile ergeben ein stimmiges Ganzes.