Mehr (ungeschriebene) Regeln für stärkere Unternehmensresilienz
„Speicher nur zu 30 Prozent gefüllt: Das passiert, wenn in der Region das Gas knapp wird.“ So stand es kürzlich in einer Zeitung. Im Artikel wurde zwar dann Entwarnung gegeben: „… es bleibt warm in den Wohnzimmern.“ Doch die Meldung macht nachdenklich, was das Thema Vorratshaltung insgesamt betrifft.
Zu wenig Bevorratung
Erinnern wir uns an die 70er und 80er Jahre: Zu dieser Zeit war es noch gang und gäbe, Bevorratung zu betreiben, um bei Bedarf rasch auf die jeweiligen Güter oder auch Leistungen zugreifen zu können. Staatlich, aber auch privat. Es gab Vorratshaltung für Treibstoffe, Hilfskrankenhäuser für den Ernstfall, einen ausgebauten Zivilschutz und die meisten Haushalte hatten Einmachgläser und Co. im Keller für schlechte Zeiten. Vieles davon wurde nach dem Ende des Kalten Krieges als unnötig eingestuft – und somit abgebaut. Dass das teilweise ein Fehler war, hat sich nicht nur am nationalen Warntag, dort aber umso hörbarer beziehungsweise unhörbar durch die abgebauten Warnanlagen, gezeigt. Auch in den Unternehmen fehlt es vielfach an einer Vorbereitung für Krisenzeiten. Heute wundern wir uns, dass trotz der Vorzeichen der russischen Bestrebungen, die mindestens seit 2014 erkennbar waren, keine entsprechende Vorratshaltung betrieben wurde.
Anlässe für Unternehmenskrisen nehmen zu
Der furchtbare Krieg in der Ukraine mitsamt seiner Auswirkungen soll hier gar nicht vertieft werden. Ich möchte vielmehr die Aufmerksamkeit darauf lenken, wie Unternehmen Krisen- und Notfallzeiten überleben und daraus nach dem Motto „survive and prosper“ sogar gestärkt hervorgehen. Die Anlässe nehmen zu: Durch die Klimakrise werden drastische Unwetter mit Hochwasser und Flut schon fast zur Normalität. Blitzeinschläge, aber auch extremer Frost, können die Stromversorgung gefährden. Drastische Hitzeperioden erhöhen die Gefahr für Brände. Erschwerend hinzu kommt die Komplexität unserer Welt: Verwerfungen auf den Finanzmärkten haben durch globale Lieferketten einen Einfluss auf viele Unternehmen weltweit. Und schließlich hat uns auch die Pandemie durch COVID-19 gezeigt, wie schnell große wie kleine Unternehmen in existenzbedrohliche Situationen kommen können.
Es fehlt an (ungeschriebenen) Regelungen
Für all dies sind viele Unternehmen nicht optimal vorbereitet. Es fehlt an festen Regelungen. Es geht hier nicht um ein mehr an Bürokratie. Zu viele Regeln machen Unternehmen wenig flexibel. Doch zur Prävention im Sinne eines Business Continuity Managements sind Regeln mehr als sinnvoll. Sie erhöhen die Überlebensfähigkeit des Unternehmens für Unterbrechungs- und Störungssituationen, vor allem wenn sie in Fleisch und Blut übergehen. Ein banales Beispiel: Als aktiver Feuerwehrdienstleistender kenne ich es gar nicht anders, als dass ein Fahrzeug nach einem Einsatz sofort wieder voll bestückt wird und alle Tanks aufgefüllt werden. Denn nach einem Einsatz, ist vor dem nächsten Einsatz. Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, dass niemand nach einem Einsatz nach Hause geht, bis nicht alles an Ausrüstung wieder gereinigt und wieder auf dem Fahrzeug verstaut ist. Denn beim nächsten Einsatz zählt jede Minute.
Unternehmen müssen resilienter werden
Unternehmen können sich für ihr Business Continuity Management viel aus diesen Bereichen abschauen. Gute Vorbereitung zahlt sich aus: Menschen treffen bessere Entscheidungen, wenn sie in einer Notsituation auf einen Entscheidungsrahmen zurückgreifen können. Ein Business Continuity Management System gibt seinen Nutzerinnen und Nutzern alles an die Hand, was sie benötigen, um mit Störungen und Notfällen umzugehen. Sind Unternehmen für Notfälle vorbereitet und in der Lage, mit schwierigen Situationen gezielt und systematisch umzugehen, erhöht dies ihre Resilienz. Rechtzeitig die Bedrohungen zu erkennen und klar zu benennen sowie dafür zu sorgen, dass immer ausreichend Reserven vorhanden sind, um Engpässe überstehen zu können, ist dabei ein wichtiger Aspekt. Die Multikrise, in der wir zurzeit leben, sollte uns das wieder lehren.
Buchtipp:
Quick Guide Erfolgreiches Business-Continuity-Management
Wie Sie Geschäftsunterbrechungen überleben und gestärkt in die Zukunft gehen
Uwe Rühl
Springer 2021
Print ISBN: 978-3-662-63790-6
Electronic ISBN: 978-3-662-63791-3