Am 15. Juni 2018 veröffentlichte Google umfassende Statistiken zur Belegschaft: Wie viele Frauen und Männer arbeiten bei dem Internetriesen? Aus welchen Ethnien setzt sich die Belegschaft zusammen? Wer verließ das Unternehmen und wer wurde neu angestellt? Die Ergebnisse überraschen (nicht) wirklich: Weltweit sind insgesamt 69,1 Prozent Männer und 30,9 Prozent Frauen für Google tätig – Werte, die seit 2014 fast konstant geblieben sind.
Dabei treffen diversifizierte Teams bessere Entscheidungen, lösen (leichter Probleme), sind kreativer, innovativer und flexibler. Das ist Fakt, weil messbar. Diversity und Frauen in Führung sollten für Unternehmen also nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit sein, sondern auch unter knallharten wirtschaftlichen Aspekten betrachtet werden. Denn demographische Faktoren sowie der Fachkräftemangel werden in Zukunft eine noch wichtigere Rolle spielen. Entscheider sollten sich daher die Frage stellen: Ist mein Unternehmen unter dem Blickwinkel der Diversität reif für „echte Diversität“?
Diese Diversity-Maßnahmen funktionieren nicht
Langfristig erfolgreiche Unternehmen benötigen Frauen und Männer, alte und junge Mitarbeiter, egal welcher Herkunft. Um das zu erreichen, setzen Entscheider auf verschiedene Maßnahmen. Allerdings sind nicht alle auch erfolgreich.
– Die Effekte von Diverstiy-Schulungen beispielsweise halten oft nicht länger als ein bis zwei Tage. Man kann Menschen zwar dazu bringen, in Fragebögen und Befragungen die richtigen Antworten zu geben. In der Praxis aber ist das schnell vergessen.
– Wer versucht, Vorurteile durch verpflichtende Einstellungstests zu entschärfen, erreicht genau das Gegenteil. Wer lässt sich schon gern sagen, dass er nicht einstellen kann, wen er will.
– Ebenso zweifelhaft ist, ob mit jährlichen Leistungsbewertungen gerechte Vergütungs- und Beförderungsentscheidungen getroffen werden. Diverse Studien zeigen, dass Frauen und Angehörige von Minderheiten in Leistungsbewertungen entweder schlechter eingestuft werden oder Manager gleich allen gute Noten geben.
Strategien zur Bekämpfung von Vorurteilen funktionieren also nicht, denn man kann Menschen nicht motivieren mitzuziehen, indem man sie zwingt – und sie bestraft, wenn sie sich verweigern. Man kann Unternehmen allerdings so gestalten, dass es leichter fällt, das Richtige zu tun.
Diese Diversity-Maßnahmen funktionieren
Wenn all diese Maßnahmen nicht funktionieren, was können Entscheider stattdessen tun, um die Vielfalt in ihrem Unternehmen zu fördern? Zunächst muss sich der Vorstand zum Thema bekennen und klar den Auftrag geben. Denn Unternehmen, die Vielfalt leben, reden nicht, sondern handeln. Sie geben die Richtung klar vor und behandeln Gender-Fragen wie jede andere Unternehmensfrage auch.
Stehen Ansichten und Verhalten nicht im Einklang, spricht man von „kognitiver Dissonanz“. Will man sie korrigieren und seine Ansichten oder sein Verhalten ändern, ist das mit positiven Botschaften und einer freiwilligen Beteiligung möglich. Dann verstehen sich Führungskräfte auch als Diversity-Botschafter.
Gerade der Kontakt zwischen verschiedenen Gruppen kann Vorurteile abbauen. Selbstverwaltende Teams zum Beispiel ermöglichen Mitarbeitern, die in verschiedenen Rollen und Funktionen stecken, gleichberechtigt in einem Projekt zusammenzuarbeiten. Dabei bricht die gemeinsame Arbeit Vorurteile auf, was zu gerechteren Einstellungs- und Beförderungspraktiken führt. Und auch das Rotieren durch verschiedene Abteilungen, wie bei Praktikanten üblich, ist eine weitere Möglichkeit, Kontakte zu intensivieren.
Die Förderung eines sozialen Verantwortungsgefühls begünstigt das menschliche Bedürfnis, vor Mitmenschen gut dazustehen. Allein die Vorstellung, ihre Entscheidung vor anderen rechtfertigen zu müssen, führt in der Regel dazu, dass die Leistung nach ihrer wirklichen Qualität bewertet wird. Dabei tragen auch unternehmensinterne Diversity-Manager zum stärkeren sozialen Verantwortungsgefühl bei.
Wer Vielfalt im Unternehmen erfolgreich umsetzen will, muss neben den sichtbaren Hürden wie Geschlecht oder Alter auch unsichtbare Herausforderungen wie gesellschaftlich verankerte Stereotypen im Blick haben sowie Rollenklischees infrage stellen. Um zukunftsfähig aufgestellt zu sein, muss also ein Umdenken stattfinden. Das heißt, weg von männlich dominierten Strukturen mit ihren Führungsstilen und Arbeitsweisen sowie klassischen Arbeitsmodellen, und hin zu mehr Flexibilität und Vielfalt. Denn der notwendige Wandel in Unternehmen betrifft alle Dimensionen der Diversität.
Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem Buch „Faszination New Work – 50 Impulse für die neue Arbeitswelt“.