Ich frage mich zurzeit täglich: Darf ich eigentlich so sein, wie ich will oder muss ich als Frau eine Maske tragen, um bei männlichen Kollegen und Vorgesetzten zu punkten? Soll ich weniger weiblich sein? Muss ich dicker auftragen in Sachen Selbstbewusstsein oder doch lieber zurückhaltender sein? Fragen über Fragen, die sich ein Mann vermutlich nicht stellt.
Ich stelle sie mir trotz Frauenquoten, me-too-Debatte, Gleichstellungsdiskussionen und all diesen Schlagwörtern, die unsere Gesellschaft und die Arbeitskultur in den letzten Jahren so stark geprägt haben. Klingt alles super. Aber im Alltag ist Frau dann doch wieder gefühlten Vorurteilen ausgesetzt und muss immer die Extrameile gehen, um sich in der Männerdomäne „Karriere“ zu behaupten.
Eine Frage der Arbeitskultur
Die entscheidenden Probleme sind dabei aber nicht nur die stereotypen Vorurteile, sondern auch die Arbeitskultur in deutschen Unternehmen. Oft muss man die eigene Persönlichkeit und sein Leben an der Türschwelle ablegen. Es spielt keine Rolle, ob man morgens das Kind gehetzt in der KiTa abgegeben hat, weil es mal wieder die Schuhe nicht binden wollte oder, ob man sich mit dem Partner darüber gestritten hat, wer abends zum Elterntreff geht. Es geht nur um eins: Funktionieren! Launen und Gefühle werden nicht zugelassen. Und dabei können Frauen genau das richtig gut. In puncto Empathie kann man uns zum Beispiel so schnell nichts vormachen. Eine Gabe, die besonders für die Zusammenarbeit und den Erfolg in Teams essenziell ist. Das beweisen Studien. Außerdem sind wir Organisationsgenies, beherrschen Multitasking by nature, sind emotional, strukturiert und verantwortungsbewusst.
Das Ende der Maskierung
Müssen sich Frauen trotzdem maskieren, um erfolgreich zu sein? Die letzten zehn Jahre in der Finanzwelt haben meine heutige Antwort ganz klar beeinflusst: Ja, das müssen Frauen, obwohl sie als Team- und Projektleitung oft so viel mehr glänzen könnten als Männer – wenn sie bloß diese blöde Maske nicht bräuchten.
Für mich habe ich beschlossen, dass ich sie einfach nicht mehr aufsetze. Viel lieber nutze ich meine Energie dafür, die Arbeitskultur zu verändern und die Stärken von Frauen zu echten Vorteilen für sie werden zu lassen.