Zwei wichtige Werte rücken in Zeiten von Corona wieder in den Vordergrund: Zusammenhalt und Gemeinsamkeiten. Damit diese positive Grundstimmung nach der Pandemie nicht gleich wieder kippt – ähnlich wie wir das häufig nach großen Fußball-Events beobachten konnten – bedarf es sozialer Intelligenz. Und auf die sollten sich nicht nur Privatleute, sondern auch Unternehmer*innen konzentrieren. Denn soziale Intelligenz und Fairness werden die Schlüsselfaktoren für Unternehmen sein, um nach Corona erfolgreich zu bleiben oder zu werden.

Das liegt unter anderem daran, dass Menschen erlebt haben, wie es ist, wenn plötzlich ihre persönlichen Freiheiten mit einem Handstrich eingeschränkt werden. Menschen zuhause einzusperren, kannte man bisher nur aus totalitären Staaten. Nun sind solche Ausgangssperren auch bei uns Realität geworden. Das war bisher in der Bundesrepublik undenkbar. Zwar gibt es echte Ausgangssperren bisher nur in einzelnen Gemeinden – Ausgangsbeschränkungen gibt es zumindest in Bayern bereits flächendeckend.

Auf Basis von Fairness

Dem Ganzen liegt eine Fairness-Entscheidung zugrunde. Es wurde abgewägt, was wichtiger ist – die persönliche Freiheit oder die Gesundheit aller. Es wurde beschlossen, welches gemeinschaftliche Gut den höheren Wert hat und somit über das andere gestellt wird. Um so etwas zu entscheiden, brauchen wir soziale Intelligenz. Sie ist die Kunst der perfekten Abwägung aller Interessen der Beteiligten, um niemanden von etwas auszuschließen und alle an den wertvollen Dingen teilhaben zu lassen.

Ich persönliche gehe davon aus, dass der Wert der persönlichen Freiheiten steigen wird und die Menschen sich dessen bewusst sind, was sie eigentlich für ein Leben führen – ein freies Leben, in dem sie tun können, was sie wollen. Zum Beispiel konnten wir bisher alle reisen, wohin wir wollen. Das verloren zu haben ist, vorsichtig gesprochen, unschön. Viele sehnen sich schon jetzt danach, diese Freiheiten wieder zurückzubekommen.

Bevor nun aber alle wieder anfangen zu reisen und potenziell Krankheiten einzuschleppen, gilt es abzuwägen, welchen Stellenwert die persönliche Freiheit für die Gemeinschaft hat. Per Definition ist eine Gesellschaft ohne persönliche Freiheiten keine freie Gesellschaft und als solches keine erstrebenswerte Gesellschaft. Deswegen sollte man die persönlichen Freiheiten so schnell wie möglich wieder freigeben und achten.

Die Freiheiten aller

Denn eine sozial intelligente Abwägung achtet immer die Freiheiten aller. Das bedeutet nicht, das wirtschaftliche Interessen über allem stehen, sondern im Gegenteil, es sind Werte wie persönliche Freiheit und Gesundheit, die die Abwägung bestimmen. Wirtschaftliche Interessen fallen aber sicherlich ins Gewicht. Allerdings nicht so überragend, wie das in der Vergangenheit der Fall war, wo sich alles nach wirtschaftlichen Interessen ausgerichtet hat.

Wirtschaftliche Interessen mit sozialer Intelligenz

Das soll nicht bedeuten, dass wir derzeit auf die Wirtschaft keine Rücksicht mehr nehmen sollten, sondern dass wir vielleicht aus einem anderen Blickwinkel auf die Beteiligten blicken. Denn Wirtschaftliche Interessen zu schützen macht nur dann Sinn, wenn der Erfolg, also der Wohlstand, allen zugutekommt. Oder jedenfalls allen die Chance gibt, am Wohlstand teilhaben zu können. Dieser Einschluss ist ein wesentliches Element von sozialer Intelligenz: Nicht nur die wirtschaftlich Starken sollen Wohlstand genießen dürfen, sondern alle sollen eine Chance haben, sich ihren Anteil davon sichern zu können. Diese Abwägung zu treffen und umzusetzen ist das Kernelement von sozialer Intelligenz.

Gut verdienen ist kein Makel mehr

Nach Corona dürfte sich das so ergeben, dass wir mehr Rücksicht auf die Interessen der Einzelnen nehmen. Ob sich das so auswirkt, dass jemand dabei viel Geld verdient oder nicht, wird zweitrangig werden. Im Umkehrschuss könnte das bedeuten, dass es nicht, wie bisher in Deutschland, verpönt ist, viel Geld zu verdienen. Bisher machte sich so jemand eher verdächtig oder wurde schief angeschaut. Der Makel des Gutverdienens dürfte wohl nach Corona wegfallen, weil die Abwägungen offener, fairer und transparenter sein werden.

Wenn jemand sagt: Ich verdiene viel Geld, wenn ich darauf achte, dass … können sich die Beteiligten darauf verständigen, welchen Wert sie über den anderen stellen wollen. Da man Geld ausgleichen kann, die Gesundheit jedoch nicht, ist ein persönlicher Wert wie Freiheit, Gesundheit oder dergleichen sicherlich immer über den Wert des wirtschaftlichen Interesses zu stellen. Man darf wirtschaftliches Interesse aber auch nicht unterdrücken oder kleinreden, muss ihm jedoch den Stellenwert geben, den es tatsächlich hat. Es darf nicht zur Einschränkung von Freiheiten und persönlichen Werten führen. Diese Lehre dürfte aus der Corona-Krise gezogen werden können.

Zum Schutz der anderen

Menschen haben sich eingeschränkt, um andere zu schützen. Damit haben sie ihre persönlichen Freiheiten hinter die Gesundheit von anderen angestellt, also hinter ihre persönlichen Werte. Das geschah zwar auf Anordnung seitens des Staates. Jedoch haben sich auch viele freiwillig daran gehalten. Die staatlichen Anordnungen haben dazu geführt, dass die Menschen gemerkt haben, dass es auch noch andere Werte gibt, wie die persönliche Freiheit oder das wirtschaftliche Interesse.

Auf jeden Fall frei bleiben

Ich bin ein Verfechter von persönlicher Freiheit. Deshalb hänge ich sie im Wertekanon immer hoch auf und würde ihr immer ein starkes Gewicht geben. Denn hier geht es um Errungenschaften unserer Demokratie. Diese jetzt ständig für Maßnahmen heranzuziehen und sie einzuschränken, erachte ich als bedenklich, weil das unser ganzes Wertesystem entwertet. Wir sind freie Menschen mit einer freien demokratischen Verfassung eines freien Staates und sollten das auch auf jeden Fall bleiben.