Winterzeit ist Erkältungszeit. Für Unternehmen sind das herausfordernde Wochen und Monate, denn sie sind mit vielen Fehlzeiten konfrontiert und müssen deshalb Produktivitätsverluste in Kauf nehmen. In dieser Zeit fangen sich die meisten Mitarbeiter mindestens einmal einen grippalen Infekt ein und fallen wegen Krankheit aus. Viele erwischt es zwischen November und März sogar regelmäßig. Doch das ist nicht das einzige Problem: Produktivitätsverluste entstehen den Unternehmen auch durch Präsentismus – durch Mitarbeiter, die krank sind, aber dennoch zur Arbeit gehen. Studien zeigen, dass diese Produktivitätsverluste für die Betriebe mindestens ebenso groß sind wie die krankheitsbedingten Abwesenheiten ihrer Mitarbeiter – und das gilt nicht nur für die Erkältungszeit.

Deutsche Beschäftigte gehen mehr als zwei Wochen im Jahr krank zur Arbeit

Präsentismus ist weit verbreitet: Laut einer Umfrage des Bundesinstituts für Berufliche Bildung (BIBB) und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) gehen Beschäftigte in Deutschland im Durchschnitt fast vier Mal im Jahr krank zur Arbeit, bleiben aber nur zwei Mal wegen Krankheit zu Hause. Insgesamt geht ein deutscher Mitarbeiter innerhalb seiner jährlichen Arbeitszeit mehr als zwei Wochen im kranken Zustand arbeiten. Die Ursachen und Einflussfaktoren hierfür sind vielfältig. Oftmals handelt es sich um falsches Pflichtbewusstsein sowie Loyalität dem Arbeitgeber gegenüber. Auch Restrukturierungen im Unternehmen und die Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes sind häufige Gründe. Zudem spielt eine zu hohe Arbeitslast eine große Rolle: Aus Angst, ihre Arbeit nicht zu schaffen, melden sich die Mitarbeiter nicht krank. Anwesenheitsprämien und strenge Regeln für Krankschreibungen wie die Vorlage des ärztlichen Attests am ersten Tag der Erkrankung fördern ebenfalls Präsentismus. Nicht zuletzt spielt die Führungskraft eine entscheidende Rolle, denn sie agiert als Vorbild: Geht der Geschäftsführer selbst krank zur Arbeit, nehmen viele Mitarbeiter das als Zeichen dafür, dass auch von ihnen Anwesenheit trotz Krankheit erwartet wird.

Wer krank arbeitet gefährdet die Wirtschaft und sich selbst

Doch sich krank zur Arbeit zu schleppen macht keinen Sinn – weder für die eigene Gesundheit, noch für die Wirtschaft. Denn zum einen sind die Mitarbeiter nicht voll leistungsfähig und auch die Fehleranfälligkeit steigt. Zum anderen deuten wissenschaftliche Studien darauf hin, dass es einen Zusammenhang zwischen Präsentismus und späteren krankheitsbedingten Fehlzeiten – insbesondere zur Langzeitarbeitsunfähigkeit – gibt.

Präsentismus muss beim Gesundheitsmanagement berücksichtigt werden

Fest steht daher: Das Thema Präsentismus muss im Kontext des Gesundheitsmanagements der Unternehmen stärker berücksichtigt werden. Bislang werden nur Fehlzeiten- beziehungsweise Arbeitsunfähigkeitsdaten genutzt, um dem Zusammenhang von Belastungen und Erkrankungen auf den Grund zu gehen und entsprechend entgegenzuwirken. So entsteht ein verzerrtes Bild, die Belegschaft erscheint gesünder und produktiver als sie tatsächlich ist. Zudem können präventive Ansätze des betrieblichen Gesundheitsmanagements nicht optimal umgesetzt werden, da die Gruppe derer, die krank zur Arbeit geht, nicht erreicht wird. Es wird höchste Zeit, hier genauer hinzuschauen und Lösungen zu entwickeln. Denn mit dem zunehmenden Wandel der Arbeit und neuen Arbeitsformen, die auch immer mehr Selbstorganisation verlangen, wird die Situation sicherlich nicht besser!