Wir haben in Deutschland einen neuen englischen Begriff gelernt und ihm aktuell all unsere Hoffnung untergeordnet: „Social Distancing“. Was ich davon halte? Abstand! Denn, wenn wir nur auf den gesundheitlichen Nutzen achten, verlieren wir den psychologischen Schaden aus dem Auge. „Social Distance“ ist eine Wortkombi, die Trennung und Gemeinschaft in eins packt. Das ist ebenso kurios wie falsch. Denn im Kern geht es ja nicht einmal um „Social Distancing“, sondern direkt um „Physical Distancing“. Es geht um physischen Abstand, nicht um sozialen! Zweitens, diese Wortkombi legt den Fokus auf das Trennende, nicht auf das, was uns verbindet. Was wäre also hilfreicher? Wir ersetzen ein distanzerzeugende Wortkombi mit einer gemeinschaftserzeugenden: „Distant Socializing“. Das ist das gezielte, spürbare Aufrechterhalten sozialer Beziehungen.
Distant Socializing statt Social Distancing
Mit anderen in Kontakt zu stehen, ist ein grundlegendes menschliches Bedürfnis. Gerade jetzt spüren viele von uns den Wunsch nach Austausch mit Menschen, mit denen uns etwas verbindet. Wir wünschen uns, Unterstützung, Mitgefühl und Zuversicht zu erleben. Einsamkeit hingegen führt nachweislich zu erhöhter Schlaflosigkeit, Herabgestimmtheit und sogar zur Schwächung des Immunsystems. Wer länger allein ist, erhöht sogar sein Mortalitätsrisiko in dem Maße, als würde er fünfzehn Zigaretten am Tag rauchen.
Zusammenrücken in der Ferne
Dafür helfen uns nun Tools, die für viele im Beruflichen schon selbstverständlich sind, aber noch nicht im Privaten:
1. Kollegen an der Uni in Stanford haben eine ZOOM-Kaffeebar eingerichtet. Dort können sich befreundete Menschen einloggen und mit einem Kaffee in der Hand das machen, was uns verbindet: abhängen, dummes Zeug quatschen, sich gegenseitig Gesellschaft leisten.
2. Bereits in der Forschung rund um erfolgreiche Online-Events beobachteten Kollegen von der Queen Mary University in London: Wenn Menschen über einen digitalen Kanal verbunden sind und dabei ein Dinner zubereiten und „gemeinsam“ Essen, erleben diese Menschen das mitunter als lebendiges Zusammensein.
Positive Mikromomente für mehr Zukunftsmut
Aber oft müssen es gar keine ausgedehnten Dinner sein: Die Kollegin Bethany Kok beobachtete 2012, dass schon eine Minute pro Tag dafür ausreicht, um in der Ferne zusammen zu rücken. In diesen 60 Sekunden nahmen sich die Menschen in den Versuchen Zeit, um kurz zu überlegen, wie verbunden und gut sie sich fühlten, wenn sie Kontakt zu anderen Menschen haben.
Diese positiven Mikromomente sind einer der Treiber für mehr Zukunftsmut. Die Arbeit von Bin Li und ihrem Kollegen von der Uni Guangzhou zeigen: beides stärkt sich gegenseitig. Menschen mit größerer sozialer Unterstützung haben mehr Zukunftsmut und Menschen mit stärkerem Zukunftsmut geben mehr soziale Unterstützung. In den Experimenten verdoppelt allein das Bild eines uns nahestehenden Menschen, der unsere Ziele teilt und unterstützt, die Leistungsbereitschaft und Ergebnisqualität der Versuchspersonen.
Das funktioniert, weil diese Mikromomente unsere „Social Baseline“ stärken. Sie ist so eine Art gemeinschaftliches Grundrauschen. Was wir dabei manchmal vergessen ist: diese Menschen wissen zu lassen, dass sie uns diesen Zukunftsmut ermöglichen. Darum gibt es jetzt die Chance dazu: die #zukunftsmutchallenge. Sie greift genau das auf, was die Forschung belegt: 60 Sekunden überlegen, wer uns positive Mikromomente des Zukunftsmutes gibt. Diesen Menschen zeigen, dass wir deren sozialen Support echt zu schätzen wissen. Das erzeugt digitale Nähe.
Über die #zukunftsmutchallenge
Wer dabei sein will, nimmt ein kurzes Video oder Foto auf, um zu zeigen für wen oder was er zurzeit dankbar ist. Am besten mit der Formulierung: „Danke, du gibst mir #Zukunftsmut, weil …“
#zukunftsmut oder #zukunftsmutchallenge als Hashtag vergeben, @dr.carlnaughton und die @montagshappen taggen, Freunde nominieren und Zukunftsmut gegen Social Distancing um die Welt schicken. Damit niemand in diesen schweren Zeiten einsam ist. Denn Einsamkeit ist ungesund. Sie sorgt nachweislich für Schlaflosigkeit und für die Schwächung des Immunsystems. Und das können wir im Moment wirklich nicht brauchen!