Wer sich selbständig macht, der hört immer wieder einen Satz: „Von jetzt an arbeitest du selbst und ständig.“ Und wir nehmen das als gegeben hin. Denn wir wollen erfolgreich sein. Das bedeutet in der Anfangszeit, genügend Kunden zu akquirieren. Denn auch als Selbständiger muss man ja Miete zahlen. Das „Keine-Kohle-Panik-Kaninchen“ ist unser ständiger Begleiter.
Dann spricht sich schnell herum, dass wir gute Arbeit leisten und stets einsatzbereit sind. Natürlich ist es für uns kein Problem, dass man uns am späten Abend oder auch am Wochenende anruft, wenn was „Dringendes“ ist. E-Mails checken wir im Halbstundentakt und weil wir so zuverlässig sind, beantworten wir jede einzelne noch am selben Tag.
Dauerbeschallung auf allen Kanälen
Wir lassen zu, dass Kunden und solche, die es werden wollen, uns über Facebook, Instagram oder WhatsApp kontaktieren. Das macht man heutzutage so. Wer dauerhaft erfolgreich sein möchte, der geht besser mit der Zeit. Die Kunden mögen das. Denn wann immer ihnen etwas einfällt, müssen sie es ja nur kurz tippen oder sogar nur einsprechen. Dann ist es aus dem Kopf – also aus ihrem. Und wir suchen die wichtigen Infos, die wir brauchen, auf allen Kanälen zusammen. Klar – schließlich sind wir Dienstleister.
Es ist nie genug
Irgendwann stoßen wir dann an unsere Grenzen. Wir haben inzwischen so viele Kunden, dass wir nicht mehr bei allen dieselbe Qualität leisten können. Aber wir schaffen es trotzdem nicht, bei neuen Anfragen nein zu sagen. Die schlechten Zeiten könnten ja jederzeit kommen. Und jemanden einzustellen lohnt sich einfach im Moment noch nicht. Trotzdem fangen wir immer wieder mit neuen Projekten an, haben aber das Gefühl, nie fertig zu werden. Die Konsequenz: Wir arbeiten tatsächlich selbst und ständig.
Selbst und ständig macht krank
Doch selbst und ständig ist keine Dauerlösung. Denn selbst und ständig macht uns übellaunig, lustlos und krank. Egal wie sehr wir unsere Arbeit lieben, wenn sie zur Sucht wird, verlieren wir den Blick auf die Realität. Wir brauchen also auch ein Leben neben der Arbeit. In der Theorie wissen wir das, an der Umsetzung hapert es aber. Falls wir uns tatsächlich mal ein bisschen Freizeit gönnen, versaut das „Keine-Kohle-Panik-Kaninchen“ den Spaß. Obwohl wir es besser wissen, glauben wir immer noch, wir gehen pleite, wenn wir nicht ständig arbeiten – eine völlig irrationale Angst, die wir erlegen sollten. Selbst wenn unser Kontostand stetig steigt, es ist nie genug, damit wir uns sicher fühlen. Also verbringen wir viel zu viel Zeit am Schreibtisch, in Meetings und nehmen Laptop, Tablet und Smartphone sogar noch mit ins Bett, um stets erreichbar zu sein. Und dann können wir nicht schlafen, weil wir unbedingt noch die E-Mail eines unzufriedenen Kunden lesen wollten.
Doch egal, wie sehr wir uns dagegen wehren. Wir brauchen Ausgleich.
So schaffen Sie die Balance:
- Schritt 1. Überprüfen Sie Abhängigkeiten und lernen Sie, nein zu sagen: Sind wir von einzelnen Kunden abhängig, lassen wir uns viel zu oft auf unrealistische Fristen ein. Doch das kann nur schiefgehen. Wir arbeiten nonstop, schlafen nicht mehr und am Ende ist der Kunde trotzdem unzufrieden und wir sind frustriert, weil die viele Arbeit scheinbar umsonst war. Also lassen Sie sich nicht in eine Abhängigkeit treiben und sagen Sie dann nein, wenn ein Ja Sie in Schwierigkeiten bringt.
- Schritt 2: Was wäre, wenn …? – Was würden Sie tun, wenn Sie keine Angst vor Armut hätten? Wenn Sie diese Frage beantworten mit Angeln gehen, ein Buch lesen oder ans Meer fliegen, dann müssen Sie etwas unternehmen. Wenn ich auf dem Bildschirm nur noch Buchstabensalat sehe und mir das Handy das Hirn grillt, schnappe ich mir meinen Hund und mache einen langen Spaziergang. Danach sieht die Welt völlig anders aus. Das schafft den wichtigen Abstand zur Arbeit und ich bin wieder kreativer und effektiver.
- Schritt 3: Durchbrechen Sie Arbeitsroutinen! Ist Ihr Handy – genauso wie meins – Ihr liebster Bettgenosse? Sind Ihre E-Mails auch Gute-Nacht-Geschichten und Aufwach-Stories? Dann wird es Zeit, diese Routinen durch erfreulichere Tätigkeiten zu ersetzen. Seit ich vor dem Schlafengehen Yoga mache, schlafe ich wie ein Baby. Das Telefon habe ich seit neuestem aus dem Schlafzimmer verbannt. Ich werde berichten.