Familienfeste sind so eine Sache. Einerseits freut man sich darauf, seine Lieben um sich zu haben. Andererseits sind Feste wie dieses mit viel Arbeit und häufig auch hohen Ansprüchen verbunden. Die Tradition schreibt eine immer wiederkehrende To-do-Liste vor, was alles wie jedes Jahr auf dem Programm steht und erledigt werden muss – weil es immer schon so war. Die Kinder wollen Eier suchen (wer bereitet das vor?) und unterhalten werden (wer hat darauf Lust?). Der Rest der Familie erwartet den traditionellen Brunch (den man tagelang vorbereiten muss) und für den Besuch soll alles sauber sein (so blitzt es sonst das ganze Jahr nicht).

Ja – ich meine nein…

Warum sagen wir trotzdem an Ostern immer wieder „ja“ zum Familienfest, wenn wir eigentlich „nein“ sagen sollten, weil wir keine Zeit, keine Energie oder auch einfach nur keine Lust haben?

  • Weil wir Angst haben, egoistisch oder herzlos zu wirken.
  • Weil wir harmoniebedürftig sind und Konflikte scheuen.
  • Weil wir befürchten, als faul oder überfordert zu gelten.
  • Weil wir uns gerne geschmeichelt, unersetzbar oder gebraucht fühlen möchten.
  • Weil wir fürchten, Sympathiepunkte zu verlieren.

Wenn also das nächste Familienfest wieder bei Ihnen und ganz besonders dringend mit Ihnen stattfinden soll und Sie es nicht schaffen, spontan Nein zu sagen, erbitten Sie Bedenkzeit. Die meisten von uns brauchen Ruhe, um über eine Bitte nachzudenken, damit sie alte Ja-Sager-Muster überwinden können. Nutzen Sie die Zeit, um eine innere Checkliste durchzugehen:

  • Habe ich dafür Zeit?
  • Möchte ich mir dafür Zeit nehmen?
  • Habe ich dafür gerade die Energie?

Wenn Sie eine dieser Fragen für sich mit Nein beantworten, lehnen Sie ab. Das kann natürlich für Konflikte sorgen – insbesondere, wenn man es von Ihnen nicht kennt. Konflikte sind aber nicht per se negativ. Im Gegenteil, sie helfen uns dabei zu wachsen. Denn: Jedes Nein hilft uns dabei, Klarheit über die eigenen Bedürfnisse und Wünsche zu bekommen. Meistern wir Konflikte und Probleme, machen wir eine wichtige Selbstwirksamkeitserfahrung. Ein guter Nebeneffekt – über einmal etablierte Grenzen müssen Sie beim nächsten Mal nicht mehr diskutieren. Sich etwas aufzuhalsen, nur um eine Diskussion zu vermeiden, ist ziemlich kurz gedacht.

Ein Nein zu anderen ist immer auch ein Ja zu Dir

Erst, wenn andere Menschen Ihr Nein kennen, lernen sie auch Ihr Ja zu schätzen. Denn Menschen funktionieren durch Kontrasterfahrungen. Wenn Sie den Menschen zu oft Ihr Ja geben, wird es immer erwartet. So werden sie schnell fremdbestimmt. Geben Sie anderen Menschen daher öfter ein Nein, damit sie Ihr Ja wieder schätzen lernen. Durch Ihr Nein setzten Sie Grenzen und stellen Ihre Spielregeln auf. Das funktioniert übrigens nicht nur zu Ostern und nicht nur bei Familienfesten. Wer es schafft, der möglicherweise beleidigten Familie abzusagen, kann auch im Job und im Alltag klarer und selbstbewusster Grenzen ziehen, wo immer sie nötig sind. Das ist gut für Sie, Ihren Energiehaushalt und vielleicht sogar fürs nächste Osterfest, falls Sie wieder Lust auf Familie und Feiern haben.