„Der Ton macht die Musik“ – nicht umsonst ist diese Redewendung noch immer beliebt und vielleicht auch der Grund für den Vormarsch der Sprachnachrichten. Denn ohne kommt es in Chats schnell zu Missverständnissen. Aber auch mit Ton beweisen wir manchmal nicht das richtige Fingerspitzengefühl, weiß Stimmtrainerin Susanne Böhm.

Wie oft passiert es, dass wir in eine Situation hineinrutschen, etwas sagen und noch im gleichen Moment spüren: Das war nicht der richtige Ton. Da ist es dann schon ausgesprochen. Und hat gewirkt. Selbst wenn wir jetzt zurückrudern, können wir es nie wieder ganz zurücknehmen. Die ein oder andere Beziehung, ob beruflich oder privat, hat so ein falscher Ton schon auf dem Gewissen.

Lassen Sie sich nicht in eine Ecke drängen!

Besonders häufig versagt uns unsere Stimme ihren Dienst in Situationen, in denen wir gestresst sind, verunsichert, wütend oder uns in die Ecke gedrängt fühlen. Geraten wir und damit unsere Stimme in eine Abwehrhaltung, sind wir kaum noch in der Lage, das zur Situation passende Fingerspitzengefühl aufzubringen – die Stimme ballt sich viel eher zur Faust. Sie bekommt einen zu scharfen, „giftigen“ Klang oder sie bricht, wird rau und kraftlos.

Wie klingt eigentlich IHRE Stimme?

Klar, gibt es Situationen, in denen wir unsere Stimme erheben sollten, aber es sollte immer unsere Stimme sein. Wenn der Klang, den wir von uns selbst hören, nicht mit unserem Inneren kongruent ist, dann wissen wir genau, dass wir nicht den richtigen Ton finden. Aber wie bleiben wir uns stimmlich treu?

„Der Klang der Stimme ist in ständiger Veränderung, abhängig von der Atmung – wohin sie im Körper geht, welchen Tonus wir im Körper haben. Sind wir zu gespannt, dann bekommt die Atmung wenig Platz und der Klang der Stimme verschärft sich. Ist der Tonus zu weich, dann hat der Atem nicht genügend Energie, die Muskulatur im Kehlkopf ist zu locker und der Klang der Stimme ist zu leise, brüchig“, so Susanne Böhm.

Hören Sie sich auch mal selbst zu!

Die Stimmtrainerin schlägt vor, sich öfter einfach einmal selbst zuzuhören: „Auf die eigene Stimme zu horchen ist ein sehr wirkungsvolles eigenes inneres Instrument, wenn wir im Leben den richtigen Ton finden wollen. Wer seine Stimme besser kennt, spürt immer besser, in welchen Tonus uns die jeweilige Situation versetzt. Es ist wie ein konstantes inneres Feedback, ein Zwiegespräch mit sich selbst.“

Auch wenn es immer wieder Trends und Tipps beispielsweise für Frauen gibt, ihre Sprechstimme tiefer zu legen. Besser ist es, eine bewegliche Stimme zu haben, die unsere Emotionen durchscheinen lässt. Sicher möchten Sie, dass Ihre Liebste oder Ihr Liebster an Ihrer Stimme hört, wie sehr Sie sie lieben. Und zur Beweglichkeit gehört auch, uns selbst so zu führen, dass wir eine Situation, die uns in zu hohe Spannung oder Weichheit bringt, neu steuern können.

In Stresssituationen wird die Atemmuskulatur im Rücken und im Bauch wird hart – in Susanne Böhms Fall wird dadurch die Stimme schmal und hart: „Mit etwas Übung kann man aus diesem Automatismus aussteigen. Pause einlegen. Das Ein- und Ausatmen spüren, ihm wieder Platz geben im Bauch und im Rücken. Auf seelischer Ebene kommt man zur Ruhe. Auf stimmlicher Ebene wird die Stimme wieder weich und offen. Und damit nicht mehr abweisend, sondern kommunikativ.“

Verbundenheit durch Stimme

Ein anderes Geheimnis für einen beweglichen Klang ist, wie gut wir verbunden sind mit unseren Grenzen. Die erleben wir nur in den Körperstellen, in denen wir Widerstand bekommen. Wenn wir stehen, sind das die Fußsohlen. Wenn wir sitzen, können wir Widerstand im Gesäß, im Rücken und in den Füßen spüren. Versetzen wir uns in eine berufliche Situation, in der wir uns geärgert haben, vielleicht weil unsere Meinung übergangen wurde. In der Reaktion wird bei den meisten Menschen die Stimme lauter und schärfer werden. Das ist keine sympathische, klare Stimme, sondern eine gestresste, unsympathische. Wenn Sie sich an einen solchen Moment erinnern mit der Frage:

Wie gut haben Sie Ihre Auflage auf dem Stuhl, unter den Füßen und an der Rückenlehne gespürt?

Dann werden Sie die Frage kaum beantworten können, die Erfahrung macht Susanne Böhm in ihren Coachings immer wieder: „Nur, wenn das Gesagte mit Stimme und Körpersprache übereinstimmt, kommt Ihre Botschaft an. Wenn Sie beim nächsten Mal einen besseren Ton finden wollen, üben Sie bei jeder Gelegenheit, wahrzunehmen, ob und wie Sie zum Beispiel Ihre Füße auf dem Boden spüren. Ich empfehle, für das Üben immer alltägliche Situationen: Die Kasse im Supermarkt zum Beispiel. Sprechen und bezahlen Sie mit gutem Fußkontakt.“ Hören Sie, wie der Ton Ihrer Stimme gelassener und farbiger wird.