Kinder sind wunderbar ehrlich. Zugegebenermaßen manchmal zu ehrlich, aber sie haben einfach keine Angst, zu ihren kleineren und größeren Missgeschicken zu stehen, keine Angst, zuzugeben, dass sie etwas noch nicht alleine können, keine Angst, täglich neues zu probieren und keine Angst, um Hilfe zu bitten, wenn sie etwas nicht alleine schaffen.

Diese Einstellung brauchen sie, um all das zu lernen, was sie fürs Leben brauchen. Schade, dass uns das meistens im Laufe der Jahre verloren geht. Später lernen wir meistens, dass Fehler etwas Negatives sind, das sie zu schlechten Noten und Fernsehentzug führen oder im Berufsalltag mit Gesichtsverlust und Streichung des Bonus einhergehen.

Mittlerweile wird auf Fuckup-Nights, in Vorträgen und Artikeln zwar das Scheitern und eine neue Fehlerkultur propagiert, aber im Unternehmensalltag sieht es leider noch immer so aus, dass viel zu viel Zeit investiert wird, die eigenen Schwächen, Wissenslücken und Fehler zu vertuschen. Schade, denn diese Energie wäre viel besser eingesetzt, die eigenen Wissenslücken zu schließen.

Stehen wir nicht zu unseren Wissenslücken werden sie nur immer größer

Jeden Tag treffen in Seminarräumen Trainer auf Teilnehmende, die nicht die Kompetenzen mitbringen, um einen echten Mehrwert aus dem Training zu ziehen. Ein Beispiel aus dem Alltag: in einem Story-Telling-Seminar sollen die Teilnehmer moderne Bildsprache in PowerPoint umsetzen. Doch einige von ihnen haben Schwierigkeiten und Kompetenzlücken im Umgang mit dem Programm. Statt sich auf das Story-Telling zu konzentrieren, sind sie mit der Programmbedienung beschäftigt.

Den meisten war das im Vorfeld klar. Wir kennen unsere Defizite meistens sehr gut, aber haben Angst, sie zuzugeben. Vor allem die sogenannten Digital Natives leiden darunter, dass ihnen immer unterstellt wird, sie müssten sich mit allem technischen auskennen. Die Folge: Statt die Serienbrief-Funktion zu nutzen, tippt der Werkstudent unzählige Adressen in die Briefvorlage und sogar so manche Entscheidung wird in Konzernen auf Grundlage fehlerhafter Excel-Kalkulationen gefällt.

Furcht vor Fehlern hemmt Lust am Lernen

Obwohl Mitarbeiter im Recruiting auf entsprechende Qualifikationen achten und sich diese auch belegen lassen, sind die Kompetenzen im Arbeitsalltag meist nicht so ausgeprägt wie erwünscht. Im Grunde ist das kein Problem, denn jeder hat in irgendeiner Form Nachholbedarf. Schwierig wird es, wenn wir durch die Aussage von Führungskräften in eine Situation gedrängt werden, in der wir selbst keine Schwäche mehr zeigen dürfen, können oder wollen. In dieser Umgebung entsteht nichts Neues und wir verlieren die Lust am Lernen. Doch gerade in Zeiten des Wandels und permanenter Change-Prozessen sind Offenheit und die Bereitschaft für Neues absolut notwendig.

Angst bedeutet Stillstand

Wer keine Fehler macht, macht wahrscheinlich auch sonst nicht viel. Denn wenn wir Angst vor Fehlern haben, sind wir nicht bereit Neues zu lernen. Damit schränken wir uns selbst und unsere Entwicklungsmöglichkeiten unnötig ein – und bremsen langfristig gesehen auch den Erfolg des ganzen Unternehmens. Unser ungenutztes Innovationspotential liegt brach und wir verwenden viel zu viel Energie in das Verbergen unserer Wissenslücken statt uns immer weiter zu bilden und neue Verknüpfungen herzustellen.

Positive Fehlerkultur und agiles lernen

Um nachhaltig erfolgreich zu sein brauchen Unternehmen eine positive Fehlerkultur. Ohne die gibt es keine Agilität und auch kein agiles Lernen. Denn erst wenn Fehler positiver betrachtet werden, können wir daraus für uns Lernziele und Lernetappen formulieren, um unsere Wissens- oder Kompetenzlücken zu schließen und auch in Zukunft persönlich und beruflich erfolgreich sein.