Capsule Wardrobe, Minimalismus im Kleiderschrank

Ute Blindert: Capsule Wardrobe – Warum wir von Minimalismus im Kleiderschrank mehr haben

von Ute Blindert

Im Durchschnitt kauft jeder Deutsche an die 60 Kleidungsstücke im Jahr. Damit sollte man doch eigentlich ausreichend mit passender Kleidung versorgt sein? Pustekuchen! Die meisten von uns stehen dennoch oder gerade deshalb vor ihrem vollen Kleiderschrank und probieren und kombinieren, ziehen an und wieder aus. So ging es auch mir. Bis ich mir vor etwas mehr als zwei Jahren eine Capsule Wardrobe zulegte.

Ein Kleiderschrank voll nichts zum Anziehen

Nicht nur Michelle Obama taugt als modisches Vorbild, sondern auch ihr Mann, denn er besitzt das, was man eine Capsule Wardrobe nennt. Das ist eine Garderobe aus wenigen Kleidungstücken, ergänzt durch Schuhe und Taschen, die sich vielfältig miteinander kombinieren lassen. Bei Barack Obama ist das eine Reihe gutsitzender blauer Anzüge mit passenden Hemden und Schuhen. Fertig. Männer haben es sicher etwas leichter, sich für den Job anzuziehen, aber auch Frauen können sich das Leben mit einer ausgewählten Garderobe erleichtern.

Alle Stücke sind miteinander kombinierbar

Richtig populär wurde die Idee durch die New Yorker Designerin Donna Karan, die 1985 eine Kollektion von sieben miteinander kombinierbaren Kleidungsstücken herausgab. Ganz so wenige Stücke wie bei Donna Karan sind es bei mir allerdings nicht: Ich komme auf vier Hosen, zwei Blazer, eine Jacke, ein Sommerkleid, ein Hemdblusenkleid, sowie zwei weitere Kleider, zwei Röcke. Dazu kommen noch drei Blusen und diverse Shirts, die auch mal wechseln. Außerdem ein Winter- und ein Sommermantel. Und natürlich Schuhe: zwei Paar Stiefel, ein paar Stiefeletten sowie ein paar Halbschuhe und eine unglaublich schöne, praktische Handtasche, mit der ich fast verreisen könnte.

Minimalismus: Lieber weniger Teile in guter Qualität

Als Stoff kann ich Schurwolle in guter Qualität empfehlen, aus denen übrigens auch feine Männeranzüge sind: Sie knittert nicht bzw. hängt sich wieder aus, ist schmutzabweisend und unglaublich pflegeleicht. Die Grundfarbe meiner Capsule Wardrobe ist ein dunkles Blau, das fast zu allen Farbtönen passt und dessen Wirkung mal frischer mit Knallfarben oder ernster mit gedeckten Farben verändert werden kann. Aber nicht jedem gefällt oder steht ein dunkles Blau, daher ist es wichtig, dir deine eigene, individuelle Garderobe zusammenzustellen.

In fünf Schritten zu deiner persönlichen Capsule Wardrobe:

 

1. Bestandsaufnahme

Teile deine Kleidungsstücke in drei Stapel:

Behalten: Das gilt für die Sachen, die du gern und viel trägst. Wenn du dir nicht sicher bist, kannst du dir auch die Frage der japanischen Profi-Aufräumerin und Autorin Marie Kondo stellen: Macht mir das Freude und nützt es mir? Wenn nicht, kann es weg und kommt auf den zweiten Stapel.

Den nennen wir dann den „verkaufen, verschenken oder spenden Stapel“, denn das ist meistens besser als die Kleidung einfach nur in den Müll zu werfen.

Unentschieden: Sachen, bei denen du noch nicht entscheiden kannst, kommen in einen Karton und werden erst einmal weggestellt. Wenn du diese auch nach einem, zwei oder sogar drei Monaten nicht vermisst hast, können sie auch direkt auf den zweiten Stapel.

2. Analysiere deinen Stil

  • Nun schau dir die Sachen, die du behalten wirst, genauer an.
  • Was genau gefällt dir an ihnen?
  • Sind sie besonders bequem, schick, warm, luftig?
  • Welche Farben herrschen vor? Lassen sich diese Farben gut miteinander kombinieren oder beißen sie sich?
  • Welche Schnitte sind vorherrschend?

Für welche Anlässe eignen sie sich? Im Job brauchen wir meistens nicht nur Kleidungsstücke fürs Büro, sondern auch für Abendveranstaltungen, Geschäftsessen, für die Bühne oder einen Kongress. Lassen sie sich also schnell von lässig zu festlich verwandeln, indem du nur die Bluse mit einem Glitzershirt tauschst?

3. Reduktion fördert Kreativität

Hast du in deinem Behalten-Stapel noch immer sehr viele Teile, kannst du dich für einen Zeitraum absichtlich weiter auf ausgewählte Teile begrenzen und entweder bei einer Challenge wie dem Project 333 mitmachen oder dir ein eigenes Ziel setzen. Dadurch kommst du auf neue Kombinationsmöglichkeiten und merkst vielleicht auch, welches Teil dir vielleicht noch fehlt, das sich mit vielen deiner Kleidungsstücke kombinieren ließe.

4. Führe eine Wunschliste

Kaufe das begehrte Teil aber nicht sofort, sondern führe erst einmal eine Liste, in der du deine Wünsche einträgst. So merkst du, ob ein Wunsch wirklich Bestand hat oder ob du das Stück vielleicht in Wirklichkeit gar nicht brauchst. Bei deiner Wunschliste kannst du dich auch inspirieren lassen, indem du dir Modeblogs ansiehst, einfach nur Menschen beobachtest, wie sie kombinieren, oder dich mit Kolleginnen oder Freundinnen berätst.

5. Ergänze nach und nach

Wenn du nun deine ausgewählten Stücke trägst, wirst du irgendwann feststellen, welche Stücke dich sehr regelmäßig durch deinen Alltag begleiten. Ergänze diese nun nach und nach mit den Stücken, die auf deiner Wunschliste Bestand haben. So wächst deine Capsule Wardrobe. Sicher wird sie sich auch immer mal wieder verändern. Weil du dich änderst oder dein Job ein anderer wird. Aber du wirst sicher nicht mehr ratlos vorm Kleiderschrank stehen.