Der Videobeweis kommt auch bei der WM 2018. Aber sein Einsatz wird bereits in der Bundesliga und ebenso bei der Weltmeisterschaft heiß diskutiert. Manche nennen ihn sogar „Krebs des Spiels“. Als FAIRsteher, Dozent für Sportrecht und selbst Schiedsrichter stehe ich dem Einsatz moderner Technik auf dem Spielfeld eigentlich positiv gegenüber. Der Fairness Gedanke, der hinter dem Einsatz des Videobeweises stecken sollte, gefällt mir. Ein faires Spiel kann aber auch mit dem „Hilfsmittel“ nur unter gewissen Bedingungen entstehen.

Zu viel Unsicherheit und Unterbrechungen

Zahlreiche Spiele in der Bundesliga haben bereits gezeigt, dass die momentane Einsatzmethode wenig erfolgreich ist. Viele mögen den Videobeweis jedoch deshalb nicht, weil er häufig für Unterbrechungen und Unsicherheiten sorgt. Die Pausen sind viel zu lang und das Regelwerk ist intransparent. Und das ist nie gut, weder im Sport noch in der Wirtschaft. Eigentlich soll der Videobeweis das Spiel fairer machen, wenn es aber ständig zu einer Unterbrechung des Spielflusses kommt, kann das weder fair noch förderlich sein.

Der Videorichter braucht Entscheidungsgewalt

Ferner fehlt dem Videoassistenten eine echte Entscheidungsgewalt. Am Ende entscheidet der Schiedsrichter auf dem Feld. Das halte ich für schwierig. Denn, wenn wir schon die Möglichkeit haben, schwierige Situationen auf dem Platz am Monitor besser zu sehen und zu verfolgen als der Schiedsrichter, sollten wir dem Besser-Seher auch vertrauen und ihm die Möglichkeit und Kompetenz geben, eine klare Entscheidung zu treffen. Ein gutes Vorbild sind hier die amerikanischen Profiligen. Wenn der Videobeweis herangezogen wird, trifft der Schiri am Bildschirm auch die Entscheidung. Die Coaches dürfen hier, je nach Sportart, eine bestimmte Anzahl Überprüfungen pro Spielzeit fordern. Liegen sie mit ihrer Vermutung richtig, behalten Sie die Anzahl der Einsprüche. Liegen sie falsch gibt es Zeitstrafen oder weniger Auszeiten. Das sorgt dafür, dass sich jeder Trainer wohl überlegt, wann er die TV-Beweis-Karte zieht.

Ein Mittel gegen unfaires Zeitschinden

Was andere Sportarten wie Handball, American Football oder Basketball vormachen, schafft der Fußball bis heute nicht: Die Einführung der Nettospielzeit. Auch während des Einsatzes des Videobeweises läuft die Uhr gnadenlos weiter. Klar kann durch die Nachspielzeit auch wieder Spielzeit aufgeholt werden. Die ist aber ungenau und nicht unbedingt fair. Die Einführung der Nettospielzeit würde zwar den Charakter des Spiels verändern, wäre aber gerecht. Situationen, die wir aus dem Fußball nur zu genüge kennen, in denen sich Spieler beim 1:0 für die eigene Mannschaft kurz vor Ende der regulären Spielzeit bei einer Auswechslung im Schneckentempo vom Platz bewegen oder auch andere Zeitschindereien, wie Oscar reifes Liegenbleiben, wären passé. Das würde dem Spiel sicherlich guttun.

Die Konsequenz fehlt

Im Grunde fehlt uns bisher beim Videobeweis einfach die Konsequenz in der Durchsetzung. Wichtig wäre, meiner Ansicht nach, ein geschulter Oberschiedsrichter, dem alle technischen Mittel zur Verfügung stehen und der, wann immer nötig, eingreifen und durchgreifen kann. Bisher ist der Video-Assistent nur ein Richter ohne Ansehen – und wenn er schlecht ist, kann er noch nicht einmal ausgewechselt werden.