Heiner Lauterbach zählt seit Jahrzehnten zur Schauspielelite und hat in Deutschland alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Im Montagshappen-Interview spricht er über Traumjobs, Leidenschaft und die Verwirklichung von Zielen.
1. Sie haben den Traumjob, den viele gerne hätten? Wollten Sie schon immer Schauspieler werden?
Ja, ich wusste ziemlich schnell und früh, dass ich das sehr gerne machen würde. Ich war ja im Internat. Da hat sich das entwickelt. Ich habe dort Theateraufführungen gegeben, die zeigten, dass ich über ein gewisses Talent dafür verfüge. Aber es war ein Traum. Und man weiß ja schon als Kind, ab einem gewissen Alter, dass sich nicht alle Träume erfüllen. Umso schöner, dass ich es in dieser Konsequenz erreicht habe, wie ich es mir damals vorgestellt hatte.
2. Kann jeder, der davon träumt, wirklich Schauspieler werden oder spielt man ohne Talent nur sich selbst?
Zumindest kann es jeder ausprobieren. Ich glaube, gut zu spielen ist schwer beziehungsweise man braucht das Talent und dann im Laufe des Lebens viel Übung und eine Ausbildung und dergleichen. Dann ist es verhältnismäßig leicht. Aber dort hinzukommen, ist schon eine Aufgabe.
Persönlich halte ich es für extrem schwer, sich selbst zu spielen. Einen Verrückten darzustellen ist hingegen verhältnismäßig einfach, weil nur die wenigstens wissen, wie Verrückte sind. Das Stadium des Verrücktseins hat 1000 verschiedene Fächer und man kann es auf 1000 verschiedene Arten spielen. Aber einfach mal zu fragen: „Sag mal, kannst du mir sagen, wie spät es ist?“, stellt für Leute teilweise ein unüberbrückbares Hindernis dar – speziell, wenn die Kamera läuft oder sie auf der Bühne stehen.
Ich glaube nicht, dass jeder in einer guten Qualität Schauspieler sein kann. Mich hat die Erfahrung gelehrt, wenn irgendwo eine Kamera läuft oder Leute auf einer Bühne stehen, die das mal ausprobieren wollen, dass sie dann meist den Mut verlieren oder sie das Talent verlässt.
3. Was ist für die Schauspielerei wichtiger: Talent oder Leidenschaft?
Ich habe über die Frage schon lange nachgedacht, entscheide mich aber für Leidenschaft, weil ich glaube, dass man diesen Beruf ohne sie nicht ausüben kann. Denn man braucht diese Leidenschaft, um die vielen Täler, die man zwangsläufig im Laufe einer Karriere durchschreitet, zu „überleben“. Es gibt keine einzige Karriere auf der Welt, die stetig bergauf verläuft. Man geht immer durch ein Wellenbad der Gefühle und der Begebenheiten – speziell in der Schauspielerei. Und da muss man eben dann Leidenschaft an den Tag legen, um diese tiefen Löcher zu überleben. Es soll schon Karrieren gegeben haben, die verhältnismäßig talentfrei über die Bühne gegangen sind. Aber ohne Leidenschaft geht es nicht.
4. Mit Ihrer Edutainment-Webseite „Meet Your Master“ haben Sie gemeinsam mit Ihrer Frau ein Projekt gestartet, das vielen Menschen die Möglichkeit gibt, von den Besten zu lernen und sich so vielleicht einen lang ersehnten Traum zu erfüllen. Sie sind selbst einer der Master und sind somit ein virtueller Mentor für Schauspielerei. Wie wichtig sind solche Mentoren für den eigenen Weg?
Ganz wichtig. Wie in jedem Handwerksberuf braucht man Leute, die einem zeigen, wie es geht. Und dann Leute, die einen weiterbringen. Zum Glück hatte ich beides. Ich erinnere mich an eine erste Leseprobe von einer meiner ersten Theatertourneen. Da hatte ich mit dem großartigen Wolfgang Kieling eine Szene. Als junger Mann stand ich mit ihm auf der Bühne und kannte meinen Text bereits. Er kam gerade von Dreharbeiten, kannte ihn noch nicht und hat ihn aus seinem Buch gelesen. Obwohl er die Rolle noch abgelesen hat, hatte er sie aber bereits angelegt. Das hat mich sehr beeindruckt. Solche Momente habe ich damals aufgesogen und profitiere noch heute davon.
Witzigerweise hatte ich viele Mentorinnen. Meine erste Rolle beim Fernsehen habe ich unter der Regie von Ilse Hofmann gespielt – meine erste Rolle im Kino unter der Regie von Doris Dörrie. So dass ich eigentlich Frauen diesbezüglich ziemlich viel zu verdanken habe.
5. 2019 ist schon fast wieder zu Ende. Und ein neues Jahr bietet immer wieder einen Anlass für gute Vorsätze. Wäre es nicht ein schöner Vorsatz, sich einen langersehnten Traum zu erfüllen?
Traum hört sich immer ein bisschen nach etwas an, das man nur träumt, aber nie erreicht. Wenn wir uns einen Traum erfüllen wollen, sollten wir aus ihm ein Vorhaben machen oder ein Ziel. Ich finde es grundsätzlich unglaublich schön und bereichernd im Leben, sich Ziele zu setzen. Da bin ich allerdings auch erst sehr spät drauf gekommen, muss ich zugeben.
Jeder kann zum Beispiel zu Weihnachten sagen: Ich mache mir selbst ein Geschenk. Dazu frage ich mich, was ich gerne erreichen möchte und hänge das dann hoch auf und verfolge dieses Ziel. Ich mache mir einen Plan und arbeite intensiv, aber nicht verbissen daran. Wenn es soweit ist, dann stellen wir schnell fest, was für eine ungeheure Freude es bereitet, seine Ziele zu verfolgen und auch zu erreichen.